Vesper in der Dresdner Kreuzkirche
Die Kreuzvesper vor dem dritten Sonntag nach Epiphanias gestalteten Gäste, wobei der Leiter des Leipziger Vocalensembles, Sebastian Reim, Dresden und die Kreuzkirche sehr gut kennt, da er hier aufgewachsen ist und in der Kirche schon mehrfach auftrat, auch als Tenor-Solist. Ungewöhnlich war sein Gastspiel dennoch, denn neben der Leitung seines Chores übernahm er auch die Soli in der Gregorianik (Johann Pachelbel) sowie den liturgischen Gesang mit der Gemeinde.

Photo: Leipziger Vocalensemble, © Gert Mothes
Begleitet wurde die Vesper von Kreuzorganist Holger Gehring und Pfarrer Holger Milkau. Das Programm war passend für das Ensemble mit einigen Werken Leipziger Komponisten angereichert, wobei vor allem zu Beginn Moderne und zeitgenössische Klänge vorherrschten. Johannes Weyrauchs Introitus »Herr, neige deine Ohren zu mir« und Georg Christoph Billers »Ich will den Herren loben allezeit« (BiWV 36) wirkten sehr hell, schlicht, aber auch ein wenig kühl, ein Eindruck, der sich mit Knut Nystedt »Es sollen wohl Berge weichen« noch fortsetzte. Interessant waren die Werke allemal, schon deshalb, weil Georg Christoph Biller als Thomaskantor eben nicht nur Ausführender war, sondern (als Kirchenmusiker generell, also schon vor dem Thomaskantorat) mit Bearbeitungen und eigenen Kompositionen hervortrat.
Mit Mikis Theodorakis (»Die heilige Mutter«, dem später »Abendgebet« aus dem gleichen Zyklus) und Francis Poulencs Motette »O magnum mysterium« blieb die Musik modern, auch ein wenig spröde – nicht immer war es leicht, thematisch oder emotional anzuknüpfen.
Um so wirkungsvoller, ja wirklich »schöner« (in einem positiven, höheren Sinn) oder wohltuender ergab sich die Kontrastwirkung bei Leonhard Lechners »Nun schein, du Glanz der Herrlichkeit« sowie später dem großartigen Magnificat Primi Toni von Johann Pachelbel – Sebastian Reim und Holger Gehring brachten es zu einer eindrucksvollen Aufführung.
Sebastian Reim war nicht wenig prägend bei dieser Vesper und trat schließlich noch mit einem eigenen Stück, dem Choralsatz »Ach lieber Herre, Jesu Christ« hervor.
23. Januar 2023, Wolfram Quellmalz
Auf den Weihnachtskreis, in dem wir uns noch befinden, verwies schließlich eine Komposition Michael Praetorius‘. Quempas aus den Musae Sioniae setzte einen wohlklingenden Schlußpunkt.
Am kommenden Sonnabend gibt es wieder eine Kreuzchorvesper. Neben einem neuen Introitus von Wilfried Krätzschmar werden in bester (eigener) Tradition Kompositionen von Gottfried August Homilius, Andreas Hammerschmidt und Felix Mendelssohn erklingen, ebenso wie ein weiteres neues Stück von Kruzianer Anton Matthes.