Gedenken mit Michael Praetorius

Kammerchor der Frauenkirche und Instrumenta Musica im Gedenkkonzert

In einem weiteren Konzert am Sonnabendabend rückte das Dresdner Gedenken (13. Februar) in den Mittelpunkt. Frauenkirchenkantor Matthias Grünert hatte dafür allerdings kein Requiem oder vergleichbares Werk ins Programm genommen, sondern ausschließlich Musik von Michael Praetorius, einem Vorgänger Heinrich Schütz‘ in Dresden. Beide hatten nicht zuletzt eine enge Verbindung zur (damaligen) Frauenkirche. Praetorius, dessen Geburtstag wir kurz darauf feiern konnten (15. Februar), hatte allein schon in der Mehrchörigkeit für einen Höhepunkt der Renaissancemusik gesorgt, war aber darüber hinaus in nahezu allen Gattungen prägend gewesen.

Michael Praetorius (1571 bis 1621), Kupferstich von 1606, Bildquelle: Wikimedia commons

Wohl dem, der ein Smartphone hat und es zu bedienen weiß (und dies im Konzert gewohnt ist) –die Dresdner Frauenkirche bietet derzeit keine Programmhefte mehr an. Digital kann man sie aufrufen (wenn man sie findet), der am Eingang verteilte »Programmzettel« ist kaum mehr als ein Veranstaltungsflyer, der auf das Konzert hinweist. Die Programmfolge sucht man vergebens. Im Sonderformat auf hochwertigem Papier und vierfarbig gedruckt – die Begründung der »Nachhaltigkeit« geht hier wohl fehl.

Um so schöner und interessanter war die Musik. Zum Beispiel, wenn man sich deren Entstehungszeit und -geschichte vergegenwärtigt. Michael Praetorius schrieb sie in einer Friedenszeit, so auch die Galliarde de la guerre (Galliarde des Krieges). »Musikalische Schlachtengemälde« waren in der Renaissance beliebt, berühmte Beispiele gibt es von Claudio Monteverdi, Samuel Scheidt oder Giovanni Gabrieli – sie beschreiben indes nicht den Krieg und seine Greul, sie geben (wie in der Malerei) ein verherrlichtes oder anekdotisches Bild ab.

Wechselweise erklangen solche Instrumentalstücke mit der Instrumenta Musica und Geistliche Lieder oder Motteten mit dem Kammerchor der Frauenkirche. Das (Ge)denken ließ sich damit in Texten vertiefen, bekam aber mit den teils tänzerischen Stücken (Bransle simple) eine Leichtigkeit – nicht Leichtfertigkeit oder Unbedachtheit, dafür sorgte schon die exzellente Wiedergabe und der Bezug auf Michael Praetorius.

In diesem Wechsel konnte man zwei Freuden folgen: jener an den historischen Instrumenten (bzw. Nachbauten) – Zinken und Posaunen zum Beispiel klingen ganz anders, als unsere heutigen Orchester. Dazu gab es solche Preziosen wie das Ballet du filou (Ballett der Schlingel / Trickser) aus der Sammlung Terpsichore (1612).

Die andere Freude war die der Mehrchörigkeit, die schon in der Motette »Nach dir Herr verlanget mich« verzauberte. Und groß war die Überraschung, eine protestantische, prachtvolle Missa, eine doppelchörige Messvertonung, aus der Sammlung Missodia Sioniae (1611) für achtstimmigen Chor zu hören. Dem Kammerchor der Frauenkirche gelang hier bis hin zur übernommenen und eingewobenen Gregorianik eine wunderbar ausgeglichene Interpretation.

13. Februar 2023, Wolfram Quellmalz

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