KlangStromFestival lockte Publikum nach Loschwitz
Die Dresdner Hofmusik e. V. gehört zu den vitalsten Akteuren im Dresdner Musikleben, ohne daß sie dabei selbst immer in den Vordergrund stehen würde. In den letzten Jahren holte sie so illustre Gäste wie das amerikanische Barockorchester Tempesta di Mare nach Dresden, ist einer der wichtigsten Partner des Heinrich Schütz Musikfestes und hob im vergangenen Jahr das Barock.Musik.Fest aus der Taufe. Zwar sind Barock und Alte Musik das Spezialgebiet der Dresdner Hofmusik, Repertoireerweiterungen durch Neu- und Wiederentdeckungen gehören aber regelmäßig dazu. Der Verein lebt vor allem mit und von den in Dresden beheimateten Musikern und Musikwissenschaftlern, und die suchen im wiedererwachenden Kulturleben eine neue Plattform: KlangStromFestival – Musik ohne Grenzen hieß es von Freitag bis Sonntag zum ersten Mal in der Loschwitzer Kirche. In Zeiten der Konflikte und des Streits sollte das Musikfest dazu beitragen, die Menschen wie ein Strom zu verbinden.

Blauregen am Pfarrhaus, Photo: NMB
Und das schien zu gelingen, denn der Publikumszuspruch fiel, vom Kinderkonzert über eines im Dialog mit orientalischer Musik bis zu »Musik hinter den Wäldern aus Sachsen und Böhmen« mit Cymbalom (Michael Horsák), Violine und Gesang (beides Adéla Drechsel) hoch aus. Mit dabei waren natürlich bekannte Ensembles wie die Cappella Sagittariana Dresden um Norbert Schuster am Freitag und das Dresdner Barockorchester am Sonntag. Das Ensemble Wirbeley trat am Sonnabend, mit gleich drei Konzerten der kulturreichste Tag des Wochenendes, auf.
Der Sonntag begann mit einem Kantatengottestdienst. Darin fanden die Solisten (Barbara Christina Steude / Sopran, Stefan Kunath / Alt, Benjamin Glaubitz / Tenor und Martin Schicketanz / Baß) sowie Mitglieder des Dresdner Barockorchesters mit der Loschwitzer Kantorei zusammen (Leitung und Orgel: Kantor Tobias Braun). Passend zum Sonntag Kantate stand Johann Sebastian Bachs »Wer nur den lieben Gott läßt walten« (BWV 93) auf dem Programm, doch zunächst erklang Heinrich Schütz‘ Motette »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes« (SWV 386). So eng verwoben wie die Beteiligten sind stets die Werke, nur allein »alt« (oder historisch) gibt es bei der Dresdner Hofmusik eben nicht. Das erlebte man auch wieder zum Abschlußkonzert »JahresZeiten – Von Venedig nach Dresden« am frühen Abend.
Im milden Luftstrom draußen standen Blauregen, Kamelie und vor allem der Flieder am Loschwitzer Elbhang, drinnen in der Kirche konnte man sinnieren, welche denn nun die schönste Jahreszeit sei (keiner sage da vorschnell »Sommer«!). Antonio Vivaldi hat sie alle in Noten und Sonetten festgehalten – mit Margret Baumgartl (Leitung und Solovioline) konnte man » Le quattro stagioni« wie neu erfahren, virtuos beflügelt und bis in den Basso continuo belebt, und im Programmheft fand man, daß der Frühling »freudig« sei, der Sommer eine »harte Jahreszeit«, den Herbst hatte Vivaldi Bacchus zugeschrieben und noch im Winter »Freude« gefunden – anders würden die vier Concerti wohl kaum bis heute begeistern.
Und das geht eben noch weiter, denn schon 2019 hatte Silke Fraikin (damals zum 25jährigen Jubiläum des Vereines) ein Werk geschrieben. »Zeitkapsel«, nun wieder aufgeführt, spiegelte einerseits Vivaldi wider, war aber auch den Musikern der Hofmusik zugedacht. Die griffigen, kantigen, farbigen Klänge wirkten im Wechsel mit Vivaldi ebenso, wie sie Eigenständigkeit bewiesen.
Mit Arvo Pärts Da pacem Domine schloß das KlangStromFestival – vielleicht nur vorübergehend? Eine Wiederauflage ist denkbar, die Unterstützung der 99-Funken-Kampagne (Sonntag bereits 93 Prozent erreicht) scheint es zu bestätigen.
8. Mai 2023, Wolfram Quellmalz