Späte Dresdner Erstaufführung

Kapellknaben sangen Litaniae Lauretanae von Johann Adolf Hasse

Am Sonnabend kam es in der Katholischen Hofkirche (Kathedrale) zu einer späten Dresdner Erstaufführung von Johann Adolf Hasses Litaniae Lauretanae. Der Grund, daß das Werk bisher nicht erklang, ist simpel: Nach dem Tod von August III. sowie kurz darauf auch dessen Nachfolgers Friedrich Christian verließ das Ehepaar Hasse (die Gattin des Komponistin war die berühmte Sopranistin Faustina Bordoni) Dresden. Beide waren bereits nach Augusts Tod entlassen worden. Johann Adolf Hasse hatte zwar noch die Musik für die Trauerfeierlichkeiten geschrieben und aufgeführt, doch dann (1763) siedelte das Paar nach Wien über (zehn Jahre später noch einmal nach Venedig), wo Hasse im Auftrage Maria Theresias von Österreich Werke schrieb. Dazu zählt jene Litaniae Lauretanae, welche die Kaiserin selbst mit ihren Söhnen aufgeführt haben soll. Das Werk hat also einen Bezug zur Kaiserlichen Familie in Wien und war de facto für Dresden nicht interessant.

Kanzel der Hofkirche, gestaltet von Balthasar Permoser (1651 bis 1732), Photo: Wikimedia comons

Musikalisch verhält es sich natürlich ganz anders, denn im Gegenteil ist es reizvoll, Musik eines der größten und wichtigsten Komponisten der Stadt an einem der historisch bedeutenden Orte aufzuführen. Im Rahmen der Reihe Kathedralklang war dies nun der Fall. Johann Adolf Hasse stand dabei ganz im Zentrum der guten dreiviertel Stunde, denn zu Beginn spielte Domorganist Sebastian Freitag sein Concerto in G-Dur. Man kann nur hoffen, es alsbald wieder einmal zu hören, denn das Werk war eine festliche Eröffnung, die Hasses frischen Stil bewies, allerdings in zwei Punkten benachteiligt war: Da sich die folgende Litaniae an die Jungfrau Maria wendet, sangen die Kapellknaben im Seitenschiff vor dem Marienaltar. Für das dort sitzende Publikum klang die Silbermann-Orgel diesmal etwas indirekt und wirkte gar nicht zentral. Vor allem aber wurde der Beginn durch die direkt an der Hofkirche vorbeiziehende Tolerade gestört. Das an sich fröhliche und einem positiven Ziel zugewandte Fest veranstaltete leider auch ein höllisches Spektakel und einen ungeheuren Lärm – man fragt sich, ob sich solch aggressive Konfrontationen nicht durch Planung oder Genehmigung vermeiden lassen. (Und ebenso, ob ausgerechnet das Einfordern von Toleranz rücksichtslos sein muß.)

Die Kapellknaben singen seit dem vergangenen Oktober unter der Leitung des neuen Domkapellmeisters Christian Johannes Bonath. Mit zwanzig der Sänger führte er die ausschließlich für Sopran und Alt geschriebene Litaniae auf. Sechs der Kapellknaben, Ben Hauptfleisch, Silas Geiert, Jakob Krause, Wilhelm Seifert sowie Leander Gaßmann und Gustav Hornschild, übernahmen die zahlreichen Soli, teilweise als Duett oder im Wechsel mit dem Chor, welche ebenso harmonisch wie kontrastreich wirkten. Sebastian Freitag begleitete an der Truhenorgel.

Das nicht nur wegen der Stimmbesetzung ausgesprochen hell klingende Werk konnte schon mit dem Kyrie Eleison / Christe Eleison berühren, die virtuosen Anforderungen an die Sänger erstaunten mit Tonsprüngen und Soprantiefen. Den Kapellknaben gelang es dabei, die Spitzentöne zu treffen, gleichzeitig aber die Verständlichkeit nicht zu vernachlässigen – auch ungeachtet der »Begleitumstände« sollte auch dieses Werk in absehbarer Zeit wieder im Programm stehen.

14. Mai 2023, Wolfram Quellmalz

Im nächsten Kathedralklang erklingt am 1. Juli Georg Friedrich Händels »Messiah« (19:30 Uhr, Kathedrale Dresden). Der Kartenvorverkauf hat begonnen.

http://www.kapellknaben.de

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