Imposante Schöpfung

Dresdner Singakademie in der Christuskirche Strehlen

Das Wort »Schöpfung« schließt neben der religiösen Bedeutung einen künstlerischen Inhalt ein. Wer an einem sonnigen Nachmittag den Innenraum der Christuskirche Strehlen betritt, kann dies ganz unmittelbar erfahren – das Gotteshaus ist (heute) nicht nur wegen seines äußerlichen Baus mit zwei Türmen in Dresden einzigartig, es vermittelt auch im Inneren mit seinen Fenstern, Bemalungen und Figuren einen großartigen, fast spektakulären Eindruck – Schöpfern wie Nachschöpfern (Restauratoren) sollte gedankt sein, daß uns so etwas erhalten ist bzw. zurückgegeben wurde!

Am Sonntag bot die Aufführung von Joseph Haydns Oratorium »Die Schöpfung« eine willkommene Gelegenheit, den umgebenden Raum zu betrachten. Und das gleich doppelt, denn bereits am Vormittag gab es im Familiengottesdienst eine Aufführung der Kinderfassung »Raphaels Auftrag«, bevor am Nachmittag das fast zweistündige Werk vollständig erklang.

Innenraum der Chirtuskirche Strehlen, Photo: Evangelisch-Lutherische Christuskirche Dresden im Kirchspiel Dresden Süd

Dirigent Michael Käppler erweckte Haydns »Die Schöpfung« aus seiner Beschaulichkeit zu einer teils expressiven, teils romantischen, in jedem Fall aber bildstarken Darstellung. Das lag nicht wenig am Orchester – das erste Lob geht daher an die Sinfonietta Dresden und ihre Mentoren, denn das Orchester war durch die Teilnehmer der Konzert Werkstatt Dresden zu beträchtlicher Größe gewachsen. Und das klang kein bißchen nach Schülern oder Laien, sondern nach einem gesamten, ambitionierten Klangkörper – Hut ab!

Dem Werk tat dies gut, denn Michael Käppler belebte die erzählten Geschichten bzw. Bilder, beginnend mit dem Chaos, aus dem zunächst Licht, Erde und Wasser geschaffen werden, effektvoll – wie passend, geht es doch im ganzen Werk genau darum, um die Erschaffung des Lebens (und nicht zuletzt konnte man einen Eindruck gewinnen, wie es vielleicht auf die Zuhörer damals gewirkt haben mag)! Der Große Chor der Singakademie schlüpfte offenbar mit Leichtigkeit in seine Rolle, konnte sowohl in der Darstellung des Staunens oder der Freude in Geschlossenheit unterschiedliche Lautstärken mühelos bedienen wie auch die Himmlischen Heerscharen sowie die teils fugierten Schlußchöre der drei Abschnitte bis zum »Amen« expressiv ausleuchten, ohne dabei angestrengt zu klingen.

Dem standen die Solisten (Johanna Kaldewei – Sopran / Gabriel, Florian Neubauer – Tenor / Uriel und Martin Schicketanz – Baß / Raphael) nicht nach, auch wenn man bei allen dreien zunächst spürte, daß sie im Vibrato oder in der Dynamik noch etwas stark forcierten. Doch gelang praktisch umgehend die Anpassung an Stimmung und Raum. So erklang Johanna Kaldeweis Sopran schon in der zweiten Arie (Schöpfung der Pflanzen) in schimmernder Sanftheit. Martin Schicketanz, ohnehin erfahren und begabt in Rollengestaltung und Textvermittlung, nutzte noch einzelne Phrasen und Worte (wie »Insssssekten«), um kleine Betonungen anzubringen. Florian Neubauer verschmolz alsbald in den Rezitativen (»den Tag von der Nacht zu scheiden«) mit dem Basso continuo. Ihre Einzelwirkung wußten die Solisten im Ensemble bis hin zum Quartett (mit Tabea Krüger / Alt) zu verbinden. Dirigent Michael Käppler gebührt die Anerkennung für eine emotionale Ausleuchtung und einen lebhaften Eindruck!

15. Mai 2023, Wolfram Quellmalz

Die nächsten Auftritte bringen die Singakademie mit den Dresdner Musikfestspielen zusammen. Am 27. Mai beteiligt sich der Seniorenchor an der »Klingenden Stadt«, am 3. Juni treten verschiedene Chöre gemeinsam mit German Brass und anderen Chören auf (Brühlsche Terrasse, Leitung: Howard Arman).

http://www.singakademie-dresden.de

http://www.christuskirche-dresden.de/

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