Verleihung des Glashütte Original MusikFestspielPreises an Joyce DiDonato und Konzert im Kulturpalast
Letzte Woche war Joyce DiDonato mit ihrem seit zwei Jahren erfolgreichen Programm »In Krieg und Frieden – Harmonie durch Musik« bei den Händel-Festspielen zu Gast und nahm am Sonnabend den Händel-Preis der Stadt Halle entgegen. Intendant Clemens Birnbaum hatte zuvor festgestellt, daß der Preis eigentlich weniger die Sängerin ehre, vielmehr würden die Festspiele durch einen Gast wie Joyce DiDonato ausgezeichnet. Zwei Tage später trat die amerikanische Mezzosopranistin mit ihrem Programm in Dresden auf – am Montagabend wurde ihr nach dem Konzert im Kulturpalast der Glashütte Original MusikFestspielPreis verliehen. Hinsichtlich der »Richtung« der Ehre könnte man sicher ähnliches sagen wie in Halle, doch die Preise als solche sind bei weitem nicht beliebig. Während für den Händelpreis besonders das Wirken für den Komponisten und die seit Jahren überragenden Interpretationen gelten, ist der Glashütte Original MusikFestspielPreis auf solche Musiker fokussiert, welche ihre Kunst in sozialen Projekten verankern. Solche hat Joyce DiDonato in den letzten Jahren einige begleitet, in der Jugendarbeit oder mit Sträflingen. Das Preisgeld des Glashütte Original MusikFestspielPreises (25.000 Euro) wird in eines der Projekte einfließen: El Sistema Greece widmet sich besonders Kindern von Flüchtlingen und ermöglicht ihnen mit Lehrern und Instrumenten einen Zugang zur Musik.
Kreativität, Leidenschaft und Inspiration seien wesentlich für die Entwicklung junger Menschen, und Musik könne dazu beitragen, hatte Joyce DiDonato schon zum Pressetermin gesagt. Daß sie dort (bei Glashütte Original) pünktlich auf die Minute erschien, war aber wohl keine Gefälligkeit an den Preisstifter, sondern zeugt von der Professionalität der Sängerin.
»Das Gegenteil von Krieg ist nicht Frieden, es ist Kreativität.« Dieser Satz hat Joyce DiDonato schon oft beflügelt und stand wohl auch Pate für das Programm »In Krieg & Frieden«. Allerdings sollte man sich hüten, es wahllos auf heutige Konflikte zu übertragen. Vielmehr ging es in den Opern des 17. und 18. Jahrhunderts um die Darstellung des Leides, des Wandels oder des Glücks einzelner, oft heroischer Personen, weniger um Aktualität oder Realismus.
In zwei Teilen mit Meisterwerken von Leonardo Leo, Georg Friedrich Händel und Henry Purcell erklangen zunächst mit dem Thema Krieg behaftete Stücke, nach der Pause solche mit Friedensgedanken. Dabei beschränkten sich Joyce DiDonato und die Musiker von In Pomo d’Oro jedoch nicht auf ein reines Konzert. In der Regie von Ralf Pleger war dieses vielmehr zu einer Show gewachsen, die neben Tanz und Nebel vor allem Licht und Projektionen enthielt. So eindrucksvoll dies war, lenkten gerade die Lichtblitze und Bilder oft ab oder überluden den Gesamteindruck, was die Wirkung der Musik minderte. Wenn zu Händel Kugeln oder Blasen projiziert werden, hat das ein wenig etwas vom »Klanggarten«. Wer all diese Eindrücke aufnehmen wollte, fand manches Mal nur simple Symbolik, etwa, wenn zu »Lascia ch’io pianga« (Teil »Krieg«) die Rosenblätter herabfallen und bei »Da pacem Domine« von Arvo Pärt (Teil »Frieden«) heraufschweben, später gab es gar ein projiziertes Feuerwerk – puh!
Eigentlich schade, denn auf die Musiker, die schon zu Beginn im abgedunkelten Raum spielten, hätte man sich gerne mehr konzentriert. Sie zeigten sich durchaus mehrfach begabt als Streicher und Flötisten (Anna Fusek) oder als Leiter, Cembalist und Zinkist (Maxim Emelyanychev). Die instrumentalen Intermezzi waren an sich beruhigend und überleitend, auch wenn ausgerechnet beim Minimalisten Arvo Pärt noch Lichtbläschen sprudelten. Übrigens konnte man sich fragen, was denn hier als »Originalklang« (das Konzert zählte zur Reihe) gemeint war. Und das ist ohne Provokation gemeint: ist im neuen Konzertsaal des Kulturpalastes denn nicht die Musik des 21. Jahrhunderts ein »Originalklang« (Pärts Werk ist 2004 entstanden)?
Was aber wohl die meisten bewegte, war die fabelhafte Sängerin, die sich mit Leidenschaft und Emphase präsentierte und brillierte. Daß sie dabei in den kurzen Opernausschnitten Effekte, vor allem technische, herausarbeitet und der Beginn von beinahe sportivem Glanz geprägt war und manche Überhöhung enthielt, läßt sich in so einem Auswahlprogramm kaum vermeiden. Joyce DiDonatos Stimme wurde im Verlauf jedoch weicher, blühender. Gerade mit Henry Purcell («Thy hand, Belinda…«, »They tell us that yous mighty powers«) beeindruckte sie und entfaltete schließlich die goldene Geschmeidigkeit ihres Mezzos.
Dabei agierte und posierte die Sängerin immer wieder auf der Bühne und mit der Flötistin sowie Tänzer Manuel Palazzo, dessen Choreographie auf eine Bezugnahme (in Person oder Thema) ausgerichtet war und glücklicherweise unaufdringlich blieb.
Auch das ist ein Credo Joyce DiDonatos: optimistisch bleiben. Schließlich ging nach jeder noch so dunklen Nacht die Sonne wieder auf. Insofern war die letzte Zugabe, Richard Strauss‘ »Morgen«, nicht nur ein wunderbarer musikalischer Augenblick, sondern nicht zuletzt eine positive Botschaft.
29. Mai 2018, Wolfram Quellmalz