Frühe und späte Sonaten Wolfgang Amadé Mozarts

Neue CD von Annette Unger und Robert Umansky

Vor einigen Jahren schon hatte Annette Unger, Violinprofessorin an der Musikhochschule, Sonaten Wolfgang Amadé Mozarts aufgenommen. Damals waren sie paarweise in C-Dur und A-Dur zusammengefaßt. Nun folgen Sonaten in Es-Dur, G-Dur und G-Moll aus den Jahren zwischen 1778 und 1785 mit dem Pianisten Robert Umansky. Ein Werk des »Wunderkindes« (wie KV 14 auf der ersten Aufnahme) ist diesmal nicht dabei, doch eine Ordnung »mittlerer« oder »späterer« Sonaten ist beim jung verstorbenen Mozart ohnehin fragwürdig.

Selbst die Bezeichnung »Sonate« ist nicht durchgängig, vom heute gewohnten »Violinsonate« ganz abgesehen. Zunächst nämlich war die Violine das begleitende Instrument, und so finden sich bei Mozart (wie bei Beethoven) unterschiedliche Bezeichnungen. Der Komponist nannte manche der Werke »Duette« oder »Duos«. Mozart, der selbst Klavier, Violine und Viola spielte, hatte beide Instrumente mit etwa gleich wichtigen Stimmen bedacht und diese fein verwoben.

Innere Bezüge und gesangliche Linie – diese Qualitäten gibt auch die CD trefflich wieder. Während Annette Ungers Violine nuanciert singen und plaudern kann, ist Robert Umanskys Anschlag stets delikat und ausgewogen. Die musikalische Partnerschaft beider verrät ein gemeinsames Verständnis in Mozart und eine ausgewählte, verfeinerte Erarbeitung. Den Werken tut dies gut, denn im Gegensatz zu manchem »Duett« oder »Duo«, welches sich auch launig musizieren läßt, verlangen die anspruchsvollen Stücke Zuwendung – von den Spielern wie vom Hörer. Mozart belohnt beide mit seiner Meisterschaft, mit seiner Originalität und seinem Einfallsreichtum.

Die drei Sonaten KV 302, 359 und 379 zeugen vom Spiel des lebensfrohen Mozart mit Form und »Abweichung«. Zwar hält er sich an die »Regeln« für Sonaten, etwa mit den bestimmenden Themen des Kopfsatzes, flicht aber immer wieder experimentierfreudig Alternativen ein – Frohsinn schließt eine ernsthafte Auseinandersetzung nicht aus. Kleine geistvolle Abschweifungen sind es, die der Hörer in die Ohren bekommt, die jede »Strenge« aus dem Feld weisen. Erquicklich sind die beiden Variationen zwischen den Sonaten: Mozart greift darin populäre Volkslieder auf, die in einem orphischen Gesang den Verlust des Geliebten beklagen (KV 360, »Helas, j’ai perdu mon amant«) oder eine Schäferin beschreiben (KV 359, »La bergère Célimène«).

Bei aller struktureller Raffinesse verliert die Aufnahme niemals an Luftigkeit. Gleichzeitig wahren Annette Unger und Robert Umansky vom ersten bis zum letzten Titel eine große Ausgewogenheit und zeigen Violine und Klavier als gleichberechtigte Partner, die jeder einmal »hervortreten« dürfen und noch dann mehr als zusätzliche (aufgesetzte) Akzente beizugeben haben, wenn der Komponist die Violinstimme wohl erst nachträglich zugefügt hat, wie es bei den Variationen KV 360 vermutlich der Fall gewesen ist.

Es zeigt sich: Esprit, Erfindergeist, und eine große Könnerschaft bringen mehr zutage als nur »etwas anderes« – Mozart wußte stets Alternativen zu finden und weiterzugehen.

August 2019, Wolfram Quellmalz

CDs Annette Unger

neu: Annette Unger (Violine), Robert Umansky (Klavier): »Lost in thouth«, Sonaten und Variationen für Violine und Klavier von Wolfgang Amadé Mozart, Genuin (GEN 19655)

weiterhin erhältlich: Annette Unger (Violine), Brunhild Webersinke (Klavier): »Wolfgang Amadeus Mozart, Frühe und späte Sonaten«, Genuin (GEN 87524)

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