Spannungsgrade

Drei musikalische Zeitalter in der Moritzburger Kirche

Der Konzertreigen des Moritzburg Festival ging am Freitag (bzw. Donnerstag für jene, welche die öffentliche Probe besuchten) weiter. Von Mozart spannten die Musiker den Bogen diesmal zu Brahms und überstrichen dabei die jüngste Gegenwart: zwischen den Eckpfeilern zweier Quintette ließen drei Berceuses von Tomas Adès aufhorchen.

In deutscher Besetzung, also mit zwei Violen, hatte Wolfgang Amadé Mozart sein zweites Streichquintett (c-Moll, KV 406 / 516 b) verfaßt. Mira Wang ging es von der ersten Violine recht forsch an und behielt einen energischen Ton bei. Ihre Partner Annabelle Meare (Violine), Lawrence Power und Sindy Mohamed (Violen) sowie Maciej Kulakowski (Violoncello) wirkten gegen ihren recht harten Ton glättend, vor allem Lawrence Power bestach mit einer berückenden Palette, die von samtig bis rauh alle Skalen des Streichergesangs bediente und niemals den Kontakt verlor oder gegenüber den Kollegen unterging. Immer wieder arbeitete das Quintett dramaturgische Merkpunkte heraus, wie die beinahe unisono klingenden Violinen und Violen und das Gegenakzente setzende Cello, oder der Conversation zwischen zweiter Bratsche (Mohamed) und Violoncello im letzten Satz, zuvor war das Andante anmutig erklungen.

Die drei kurzen Stücke Thomas Adès‘, der auch schon einmal einen ganzen Moritzburger Jahrgang geprägt hatte, sorgten dann für Staunen und Begeisterung. Der Komponist hatte im vergangenen Jahr aus drei Szenen seiner Oper »The exterminating angel« (»Der Würgeengel«) Wiegenlieder abgeleitet, die stimmungsvoll Melancholie, Abgrund und Klage offenbarten und schließlich sogar mystisch verfremdet und mit Brechungen unheimlich schienen. Lawrence Power war mit ausgeglichenem Vibrato ein feinfühliger Interpret der deutschen Erstaufführung, dem mit Antti Siirala ein ebensolcher Begleiter zur Seite stand. Durch Tonartwechsel und kippende Töne wurden die trügerischen Szenen erfahrbar – wer wäre da nicht gespannt auf die ganze Oper?

Lawrence Power blieb die bestimmende Konstante an diesem Abend, ganz ohne ein herausgestellter Solist oder »Star« zu sein. Für Johannes Brahms versammelten sich um ihn Kai Vogler und Annabelle Meare (Violinen) sowie Guy Johnston (Violoncello) und wiederum Antti Siirala. Das Klavierquintett f-Moll Opus 34 führte noch einmal in (scheinbar) düstere Sphären. Während Mozart sein Werk erst im Finale aufhellen läßt, besticht Brahms‘ funkensprühendes Stück mit lebhafter Phantasie und sinfonischer Raffinesse. Die fünf Spieler verschmolzen über weite Strecken zu einem kleinen Orchester, das im Andante, un poco Adagio in fast hymnischer Seligkeit musizierte.

Das Scherzo war von einem treibenden, rhythmischen Impuls geprägt, der immer mehr gesteigert wurde und fast, mochte man meinen, in Grenzregionen trieb. Mit dem Beginn des Finales setzten die Spieler jedoch einen Ruhepunkt, der Basis war für einen erneuten Ausbruch. Brahms – keck, gewitzt, mit Charme – einfach mitreißend!

10. August 2019, Wolfram Quellmalz

Nächste Konzerte

heute: Portraitkonzert, 19:00 Uhr, Schloß Moritzburg: Tiffany Poon (Klavier) spielt Werke von Clara und Robert Schumann, Konzert, 20:00 Uhr, Schloß Moritzburg: Quartette und Quintette von Wolfgang Amadé Mozart, Richard Strauss und Alexander Borodin

morgen: 19:00 Uhr, »Lange Nacht der Kammermusik«, Evangelische Kirche Moritzburg, Akademisten des Moritzburg Festivals, Ihre Chance! Bei diesem Konzert wird der traditionelle Publikumspreis gekürt.

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