Wiederaufführung zum Geburtstag

Sächsische Staatskapelle Dresden führt Johann David Heinichen wieder auf

Seit einigen Jahren gibt es am Gründungstag der Sächsischen Staatskapelle ein Sonderkonzert, daß Bezug nimmt auf die Geschichte des Orchesters, sei es an Aufführungsorten, mit Komponisten oder Werken. Im 471. Jahr des ununterbrochenen Bestehens – kein Orchester der Welt existiert so lückenlos lange – berücksichtigte man dabei ein anderes großes Jubiläum: vor 300 Jahren fand in Dresden ein riesiges Fest anläßlich der Vermählung Kronprinz Friedrich Augusts II. mit Maria Josepha von Österreich statt. August der Starke, des Kronprinzen Vater, hatte für diesen vielleicht den Höhepunkt des Sächsischen Herrscherhauses markierenden Anlaß zahlreiche Künstler engagiert – ein nicht unbeträchtlicher Teil war vom Sohn während seiner Grand Tour in Italien angeworben worden.

Doch auch sonst waren damals in Dresden die italienischen Künste längst bekannt und geschätzt, Komponisten wie Hasse und Pisendel (Bach in Leipzig nicht minder) mit der italienischen Manier vertraut. Johann David Heinichen, in Venedig von Friedrich August entdeckt und sogleich als Kapellmeister angeworben, hatte für den königlichen Anlaß eine Kantate (oder Serenade) »La Gara degli Dei« (»Der Wettstreit der Götter«) geschrieben, in der die sieben Götter der Wochentage auftreten. Daß dabei die »Anteile« nicht gleichgewichtig vergeben wurden, hatte sicherlich nicht nur mit der Bedeutung (oder einer Rangordnung) der Götter zu tun – auch die zur Verfügung stehenden Sänger waren dabei wohl berücksichtigt worden.

In Dresden standen dem Dirigenten Ton Koopman Robin Johannsen und Yetzabel Arias Fernandez (Sopran), Maarten Engeltjes (Altus), Mauro Peter (Tenor) und Manuel Walser (Baß) zur Verfügung – eine erlesene Schar von Solisten, die man hier zum Teil schon hören durfte. (Verblüffend, wie manche Eltern vorhersehen: einem Mädchen, welches Arias als Namen trägt, scheint der Sängerberuf in die Wiege gelegt!) Wie unterschiedlich die Soprane leuchteten, die einen großen Teil der Sätze ausfüllten, war einfach großartig – ein Sänger- oder Götterwettstreit eben. Ob man der Schönheit (Johannsen) oder der Brillanz von Koloraturen (Fernandez) den Vorzug gibt, ist schließlich doch Geschmacksache. Und fast schade war es, den derzeit im Liedfach so großartig reüssierenden Mauro Peter nicht mehr (öfter) zu hören.

Die Musiker der Staatskapelle, welche den Umgang mit der Alten Musik ja fast schon gewohnt sind, waren um einige Experten wie die Lautenisten Stephan Rath und Stefan Maass ergänzt. Beste Voraussetzungen also, und doch fehlte es der Kombination aus Werk, Musikern und Ort (Semperoper) irgendwie an Lebendigkeit. Natürlich war alles korrekt, richtig musiziert, doch gerade hier gibt es mit der Batzdorfer Hofkapelle, dem Dresdner Barockorchester oder dem Collegium 1704 so viele musikantische Beispiele höchst vitalen Musizierens, daß man der Serenade (mit weit über einer Stunde Aufführungszeit auch nicht gerade ein kurzes Stück) das Fehlen eben deutlich anmerkte.

Ganz anders wirkte Joseph Haydns Sinfonie Nr. 98 B-Dur (Hob. I:98) nach der Pause, nun war die Kapelle ganz Kapelle, fand die Vergnüglichkeit und den Humor Haydns und führte – jetzt lebendig – vor, wie tänzerisch ein Adagio schwingen kann. So war es schließlich doch recht höfisch-feierlich.

24. September 2019, Wolfram Quellmalz

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