Einläuten des Michaelisfestes

Kreuzvesper

Am Vorabend des Michaelistages (für den Erzengel und Schutzpatron Michael) standen auf dem Programm in der Dresdner Kreuzkirche besondere Werke. Das für den Schweriner Hof von Adolph Carl Kuntzen komponierte Michaelisoratorium ist nicht nur ungewöhnlich, weil der Festtag ein anderer ist als sonst meist bei Oratorien, es ist auch ein besonders festliches. (Der Komponist hatte unter anderem bei Georg Friedrich Händel in London studiert, was sicher nicht ohne Einfluß gewesen ist.) Zudem handelte es sich um eine Dresdner Erstaufführung.

Händel (oder einer seiner Zeitgenossen) und Barockmusik gehören zum Repertoire des Barockorchesters der Kreuzkirche, das auf historischen Instrumenten musiziert. Das Solistenquartett setzte sich aus Jennifer Riedel (Sopran), Elisabeth Holmer (Alt), Christopher Renz (Tenor) und Felix Rumpf (Baß) zusammen, wobei die größten Anteile hier der höchsten Stimme zufielen. Denn die Sopranistin hat nicht nur die Arien zu bestreiten, sie führt auch oft den Chor an.

Den Mitwirkenden gelang eine besonders festliche Vesper, welche noch die Orgel (Kreuzorganist Holger Gehring) mit Zimbelstern einschloß und in der Liturgie Anlaß für das »Dresdner Amen« gab. (Hier, in Dresden, allerdings an der Katholischen Hofkirche, hat Johann Gottlieb Naumanns Satz seinen Ursprung, sollte man manchmal bedenken, wenn man Wagner hört.)

Auch Jean-Adam Guilains (Johann Adam Wilhelm Freinsberg) Magnificat du II. Ton ist ungewöhnlich, denn es stellt den Chor und die Orgel gegenüber. Wechselweise tragen sie das Werk vor, so daß jeder zweite Text (der den damaligen Gottesdienstbesuchern jedoch bekannt war, ohne daß sie ihn hätten nachlesen müssen), nicht gesungen, sondern »nur« von der Orgel intoniert wurde. Hier nun konnte sich das Quartett als ein Chor gleichwertiger entfalten.

Bei Kuntzen, mit dessen zweitem Teil die Vesper fortgesetzt wurde, war dies deutlich anders. Elisabeth Holmer war es dennoch vergönnt, den Chor einmal mit ihrem wohlklingenden Alt anzuführen, während Jennifer Riedel die Höhen und Ausschmückungen zwar sicher bewältigte, dabei aber nicht frei und mühelos wirkte.

29. September 2019, Wolfram Quellmalz

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CD-Tip: »Concerti«, Georg Friedrich Händel, Orgelkonzerte, Ouvertüre zu »Deborah«, Kreuzorganist Holger Gehring und das Barockorchester der Kreuzkirche, erschienen bei Querstand / Verlagsgruppe Kamprad

 

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