Ivan Ženatý kehrt nach sieben Jahren an die Dresdner Musikhochschule zurück
Die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden ist mit einer Fülle von Angeboten Dresdens größter »Kulturanbieter«, neben Konzerten kann man hier auch Wettbewerbe und Prüfungsvorspiele besuchen. Viele – die meisten – der Veranstaltungen sind sogar frei, wie die »Podien«, die Klassenabende, zu denen sich Sänger oder Instrumentalisten dem Publikum vorstellen.
Dieser Rahmen wird künftig durch ein weiteres »Podium Violine« ergänzt: 2012 war Ivan Ženatý zum Cleveland Institute of Music gegangen, mit dem Beginn des Wintersemesters 2019 kehrte er nach Dresden zurück. Am Montag gab Ivan Ženatý sein Wiederantrittskonzert im Konzertsaal der Musikhochschule. An seiner Seite: Martin Kasik (Klavier).
Der »Begleiter« ist nicht nur ein Begleiter – wer das noch nicht wußte, dem sei Helmut Deutschs Buch »Gesang auf Händen tragen« empfohlen (bei uns in Heft 34, Seite 6 zu finden). Pianisten sind immer gleichberechtigte Partner, sollten gleich denken, fühlen, einen gemeinsamen Blick auf das Werk haben. Auf Ivan Ženatý und Martin Kasik trifft dies zweifellos zu. Der Name Kasik kommt Ihnen bekannt vor? Kein Wunder, die Formulierung »stammt aus einer Musikerfamilie« bedeutet hier gleich viele »Sprosse«: der eine (Federico) spielt Violine bei der Sächsischen Staatskapelle, der dritte (Andrej) ist ebenfalls Pianist, war schon einmal im Coselpalais zu erleben. Martin Kasik erwies sich als einfühlsamer, kraftvoller Interpret, der dem Partner ebenso aufmerksam folgen wie gestalterische Größe beweisen konnte, oder Reife. In Jiři Gemrots »Trauermusik« für Violine und Klavier (Ivan Ženatý gewidmet) ließ er einen Duktus, ein zartes Wehen durchschimmern, das unwillkürlich fragen ließ, ob Schubert heute nicht so schreiben oder spielen würde.
Im Mittelpunkt stand dennoch Ivan Ženatý, der – bis auf die Zugaben – allein böhmische Komponisten aufs Programm gesetzt hatte. Jiři Gemrots »Trauermusik« beginnt mit einem Ausbruch am Klavier, dem sofort die Ruhe folgt, die Violine übernimmt fortan (führt aber nicht immer) eine immer wiederkehrende Melodie, die sich jedoch weniger in Variationen als in Charakteren fortsetzt. Die »Trauermusik« erwies sich als rhapsodisches Stück voller Wechselspannungen.
Immer wieder waren es die zarten Töne, in denen sich Stücke verloren, Klänge hinweggeweht schienen. Doch nicht allein: in Antonín Dvořáks Sonate F-Dur (Opus 57) setzten Ivan Ženatý und Martin Kasik auf den Impuls des Herzschlages und die Zärtlichkeit der Melodie. Bezaubernd, wie die Violine leicht kehlig im Alt sang!
Mit Josef Bohuslav Foerster Ballade für Violine und Klavier Opus 92 wandte sich das Duo nach der Pause erneut einem »Erzählerstück« zu. Sanft perlend, murmelnd umschmeichelte es die Zuhörer, steigerte sich aber bald in luftige, spannungsreich durchdrungene Höhe. Noch expressiver wurde es mit Bohuslav Martinůs Sonate C-Dur (Opus 1919). Sie schien unter Ivan Zenatýs Bogen aufzublühen, doch Martinů hat auch dem Pianisten mehrfach Passagen gegeben, die ihn hervortreten lassen. Trotz der gegebenen expressiven Fülle trat dabei kein Spieler »vor« den anderen. Die innige Verbundenheit war nicht nur im Bild spürbar, sie war ebenso in der Musik offensichtlich, die sich ganz natürlich zu ergeben schien, keinen Fingerzeig oder Augenhinweis benötigte, um sich abzustimmen.
Das Publikum, zu dem neben vielen Podienbesuchern auch ehemalige Studenten (aus der Zeit bis 2012) gehörten, wußte dies zu schätzen und bekam für seinen Applaus schließlich zwei Zugaben: Oskar Nebdals »Romanze« und ein Slawischer Tanz durften noch einmal einfühlsam singen und munter wirbeln, mit einem Bogen, der die Saiten zu küssen schien – eine Fortsetzung dürfte wohl folgen.
10. Dezember 2019, Wolfram Quellamlz