Kreuzvesper im Gedenken an die Zerstörung Dresdens
Die Aufführung von Rudolf Mauersbergers »Wie liegt die Stadt so wüst« am Gedenktag der Zerstörung Dresdens kam diesmal nicht in Frage, Kreuzorganist Holger Gehring fand dennoch einen Weg, das Gedenken musikalisch zu gestalten, und setzte dabei durchaus auf bewährtes. Denn nicht zuletzt in Vespern und vor allem den Orgelkonzerten des Hauses (im Rahmen des Dresdner Orgelzyklus‘) hatte es bereits Begegnungen von Musik und Licht, Bild oder Tanz gegeben. Und mit dem »Totentanz – Variationen über ein altes Volkslied: ›Es ist ein Schnitter, heißt der Tod‹« huldigte er seinem Amtsvorgänger Herbert Collum, der von 1936 bis zu seinem Tode 1982 Kreuzorganist gewesen war. Das Konzept des »Totentanzes« hatte Collum schon 1944 niedergeschrieben, also noch vor der Zerstörung der Dresdner Innenstadt am 13. und 14. Februar 1945.
Aufmerksam geworden waren manche vielleicht schon durch die Vorstellung des Werkes im Orgelmagazin von Claus Fischer auf mdr Kultur am Sonntag zuvor, was zur erfreulichen Besucherzahl beigetragen haben dürfte. Wie mittlerweile gewohnt, lief die Vesper auch organisatorisch reibungslos und konform der aktuellen Corona-Regeln ab.
Collums »Totentanz« erklang allerdings nicht ganz und ununterbrochen, vielmehr spielte Holger Gehring fünfzehn Variationen einer vom Komponisten autorisierten gekürzten Fassung, denen das originale Lied aus dem frühen 19. Jahrhundert vorangesetzt war – Pfarrer Holger Milkau las den Text daraus, zwischen den Variationen sorgten er und Thomas Koch sowie Hans-Jürgen West für den Vortrag von Andreas Silesius‘»Sprüchen aus dem Cherubinischen Wandersmann« sowie Johannes Klöckings »Dialogtexten nach dem Lübecker Totentanz«. In den Texten, die aus jeweils einem Spruch (Holger Gehring) und einem Dialogteil zusammengefügt waren, spricht der Tod verschiedene Menschen an, die sich nicht nur nach Stand und Gewerken unterscheiden, sondern auch Kinder und Greise einschließen – alle Menschen also, die von einem Krieg betroffen sind.
Sabine Jordan deutete die Variationen, die Holger Gehring übrigens in der original erhaltenen Registrierung Herbert Collums für die Orgel der Kreuzkirche spielte, mit Ausdruckstanz aus, der mal abstrakt schien, widersprechen, sich wehren wollte oder eben einen stilisierten Totentanz aufführte.
Nicht zuletzt war der Gedenktag aber auch ein Sonnabend im Kirchenjahr, jener vor dem Fest Estomihi, dem letzten Sonntag vor der Fastenzeit, wobei das Gedenken dennoch überwog. Nicht zuletzt galt es – wie in jedem Jahr – dieses zu fokussieren, Würde und Andenken zu wahren, ohne den Mythos Dresden zu bedienen, der schließlich auch immer wieder mißbraucht wurde. Pfarrer Holger Milkau fand dafür die richtigen Worte und verlieh der Hoffnung Ausdruck, daß die Einsicht größer sei als die Sentimentalität.
Die diesmal wieder etwa einstündige Vesper faßte Holger Gehring in Johann Sebastian Bachs Fantasia (Beginn) und Fuga (Schluß) BWV 542.
14. Februar 2021, Wolfram Quellmalz
In der Kreuzvesper am kommenden Sonnabend erklingen Orgelwerke von Gabriel Rheinberger, Joseph Haydn und Gustav Rebling (Orgel: Domkantor Thorsten Göbel / Meißen, Liturg: Holger Milkau). Weitere Informationen unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de