Kreuzkirche Dresden beginnt Feierlichkeiten des Osterfestes
Mit der letzten Kreuzvesper war bereits der Beginn der Karwoche gefeiert worden, am Gründonnerstag fand in der Kreuzkirche der Auftakt zu den hohen Feiertagen mit dem Gottesdienst »Nacht der Passion« statt. Der besondere Moment konnte natürlich nur in einem kleineren Maßstab begangen werden – keine Matthäuspassion, die zeremoniellen Fußwaschungen wurden stellvertretend dargestellt, ebenso konnte die in der Kirche versammelte Gemeinde das Abendmahl nicht gemeinsam einnehmen, sondern nur im Geiste. Immerhin blieb es als symbolischer Akt erhalten.
So konnte die Feier an sich immerhin stattfinden, auch wenn manche Teile nur wenigen, zuvor getesteten Personen vorbehalten waren. In diesen Tagen, brachte Superintendent Christian Behr es auf den Punkt, wird uns die Sehnsucht um so deutlicher, wie jene nach Musik, die uns tief im Inneren berührt. Dieses Sehnen verbinde uns derzeit aber auch, weit über die Grenzen der Kirche hinaus. Und: sobald dies wieder möglich sei, werde es ein großes gemeinsames Abendmahlsfest geben.
Für den Moment konnte zumindest die Sehnsucht nach Musik gestillt werden, wofür Kreuzorganist wieder die Musiker der Capella Sanctae Crucis Dresden um sich versammelt hatte. Schon Johann Sebastian Bachs Choralbearbeitung »Oh Lamm Gottes, unschuldig« (BWV 618) war wie ein Weckruf gewesen, im Verlauf des Gottesdienstes folgten zwei Kantaten Georg Philipp Telemanns sowie Gesänge aus dem Taizé. Kreuzkantor Roderich Kreile übernahm zentrale Passagen der Passionsgeschichte (Fußwaschung, Jesus in Gethsemane) als Evangelist.
Taizé ist heute ein Ort, der mit dem Gedanken der Ökumene tief verbunden ist. Die hier gesammelten Gesänge sind Gebete, die eine außerordentliche kontemplative Wirkung entwickeln können. Bassist Clemens Heidrich, der einzige Sänger in der »Nacht der Passion«, hauchte ihnen – sehr leise, abgewandt, wie von Ferne klingend – Leben ein, von der Capella Sanctae Crucis Dresden ebenso sanft umschlossen – die emotionale Betonung der Inhalte (Liebe, Güte, Glauben) war frei von aufgesetzter Attitude, stellte die Schönheit der Musik und die Schönheit des Gedankens auf eine Stufe.
Kaum weniger (nicht nur im Maß der Schönheit) eindrucksvoll waren die beiden Kantaten »Ich will den Kreuzweg gerne gehen« (TWV 1:884) und »»Der am Ölberg zagende Jesus« (TWV I:364), die auch einen ganz anderen Charakter offenbarten: mit einer zugrundeliegenden Begebenheit, einer »Handlung«, geraten sie zielgerichteter, wollen etwas erzählen und bewirken. Dazu umflocht Telemann die Solostimme oft mit einem Solisten der Streicher oder mit vielen instrumentalen Stimmen, wie den punktierten Rhythmen im Accompagnato von TWV 364, das sich nach der Schlußzeile auflöste und in die nachfolgende Arie »Ich bin betrübt bis in den Tod«. Telemann ist hier eine Verquickung von programmatischem Inhalt, affektiver Wirkung ohne aufgesetzten Duktus und schierer (die Sehnsucht stillende) Sehnsucht gelungen – wird es nicht Zeit, sich seinen Werken wieder einmal mehr zu nähern?
Ganz außerordentlich konnte die Interpretation von Clemens Heidrich gefallen, dem einerseits die dramaturgische Auslotung (etwa in den melismatisch betonten Worten der »süßesten Labsals« (884) oder der »heißen Höllenglut« (364) gelang, andererseits aber die Sinnlichkeit der Musik lyrisch bewahrte, worin ihm seine Begleiter auf Ohrenhöhe gegenüberstanden.
2. April 2021, Wolfram Quellmalz
Nach den Osterfeierlichkeiten stehen in dieser Woche wieder die Termine von »Orgel punkt drei« (Dienstag / Donnerstag) sowie die Kreuzvesper am Sonnabend auf dem Programm. Über die Inhalte informieren Sie sich bitte in den Aushängen oder auf http://www.kreuzkirche-dresden.de