Sie werden Euch in den Bann tun

MittwochsMusik der Dresdner Lukaskirche mit Bachkantate zur aktuellen Woche

Die Musikalischen Andachten der Dresdner Lukaskirche haben mit den Wochen, Monaten und Reihen oder »Runden« an Profil gewonnen. Mittlerweile sind wir bei Runde fünf und dort der dritten MittwochsMusik »angekommen«.

Das Ankommen ist tatsächlich wichtig, dient doch die Andacht in Wort und Musik gerade jetzt dazu, anzukommen – bei sich, ein inneres Zentrum zu finden, zu stabilisieren, aber dennoch auch im Hier und Jetzt anzukommen (bzw. zu bleiben). Insofern ist die Vielfalt bemerkenswert, die in den MittwochsMusiken geboten wird. Nach Lyrik und Improvisationen in der Vorwoche stand diesmal wieder eine Bachkantate auf dem Programm. Nicht irgendeine, sondern »Sie werden Euch in den Bann tun« (BWV 44) die fast auf den Tag genau vor 297 Jahren zum ersten Mal erklang.

Etwas übers Ziel hinaus ging diesmal das Geistliche Wort von Diplomtheologe Stephan Hoberg, der schon einmal – ein wenig akademisch – »aus dem Lehrbuch« gepredigt hatte. Während doch viele, die meisten, möchte man meinen, in die Andacht kommen, um für einen Moment dem alles bestimmenden C-Thema zu entgehen, griff Stephan Hoberg genau dieses auf, belehrte, daß »Krise« vom griechischen krísis = Entscheidung herkomme und stellte der Frage, wie man damit umgehe, gleich (nur) zwei Alternativen nach: mutigen Aufbruch oder träges »weiter so«. Sein gutgemeintes, aber sehr agitativ scheinendes Wort, daß wir Verantwortung übernehmen könnten (sollten), schien recht belehrend.

So dürfte für viele die Musik der wesentliche Kern der Andacht gewesen sein. Für Soli und Chor hatte sich ein Quartett mit Nicolle Cassel-Schuster (Sopran), Stefan Kunath (Altus), Jonas Finger (Tenor) und Felix Rumpf (Baß) zusammengefunden. Sie wurden musikalisch unterstützt und begleitet von einem Ensemble mit Cornelia Pfeil und Angelika Grünert (Violinen), Johannes Pfeiffer (Oboe) und weiteren Musikern. Nur eine Oboe – mehr ist derzeit in der Lukaskirche nicht möglich, doch unter Christfried Brödels kundigen Händen erblühte die Kantate dennoch mit einem kontrastierenden Gegenüber der Stimmen, vor allem mit großer Binnenspannung des Ensembles – der von der Sopranistin angestimmte Trost in der Arie »Es ist und bleibt der Christen Trost« dürfte viele erreicht haben.

Christfried Brödel, unter anderem bis 2013 Professor für Chorleitung und Rektor der Hochschule für Kirchenmusik Dresden, kann seine Kenntnis und sein Verständnis der Werke sehr gut vermitteln – dem Publikum mit einer Werkeinführung, womit der den Bezug zum Kirchenkalender (wir befinden uns in der Woche nach dem Sonntag Exaudi, für den Bach die Kantate geschrieben hat) herstellte, in Richtung der Sänger und Musiker wiederum gehört zum Vermitteln, diese nicht nur zu leiten, sondern auch anzunehmen, was sie zu bieten haben. Zum Beispiel ein instrumentales Duo (Johannes Pfeiffer und Cornelia Pfeil) oder den wunderbar artikulativ ausgeformten Baß von Felix Rumpf. Auch Stefan Kunath hatte seit seinem letzten Auftritt hier noch ein paar Sonnengrade getankt oder eine noch bessere Form erreicht – sein Altus war bemerkenswert frei und schwebend. Und selbst, wenn (vielleicht) die Balance noch einmal nachjustiert wird, muß es nicht »schlecht« gewesen sein. Zu Beginn des Schlußchores zumindest ließ Jonas Finger seinen Tenor ein wenig aus dem Quartett herausleuchten – das mag zu viel gewesen sein, aber schön war es doch!

20. Mai 2021, Wolfram Quellmalz

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