Wie groß ist »klein«?

Violoncello piccolo in der Alten Musik im Kunstgewerbemuseum

Die Konzertreihe im Bergpalais des Pillnitzer Schlosses hat die Öffnungsmöglichkeiten des Sommers vor dem Beginn der Ferienzeit effektiv genutzt – am Sonnabend fand bereits die dritte Alte Musik in diesem Jahr statt. Wie immer rückten die Instrumente, auf denen dabei gespielt wird, etwas mehr in den Vordergrund als sonst, schließlich gehören sie zum Fundus des Museums. Anders als in einer halbstündigen Vorführung im Rahmen von anderswo üblichen Museumsbesichtigungen, was nicht mehr als einer Klangprobe entspricht, wird hier Musik lebendig. »Alt« ist dabei ebenso relativ wie »althergebracht«. Und so war neben dem prächtigen Cembalo von Johann Heinrich Gräbner, das Besucher seit vielen Jahren kennen, ein Violoncello piccolo zu hören, welches erst 2019 in den Bestand des Hauses wechselte. Die jüngsten Neuerwerbungen (2020) – drei Flöten aus der Dresdner Werkstatt Grenser – konnten in einer Vitrine besichtigt werden.

Die Stunde der Musik gestalteten diesmal Birte Kulawik (Sopran), Katrin Meingast (Violoncello und Violoncello piccolo) sowie Jan Katzschke (Cembalo). Inmitten des nicht nur malerischen, sondern mit vielen Bildtafeln ausgeschmückten Palais‘ brachten sie durchgeistigte Musik zu Gehör, die zwischen Arien aus zwei Bachkantaten (»Mein gläubiges Herze« und »Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ«) mit einer musikalischen Vielfalt beglückte. Birte Kulawik gefiel gerade in den englischen Stücken von Henry Purcell (wie schön, daß die Zugabe von ihm »kam«) und vor allem mit Georg Friedrich Händels herrlicher Kantate »Quando sperasti, o core«. Dem herrlichen Sopran jubelte diesmal das Violoncello in normaler Größe nach, während Katrin Meingast sonst auf dem piccolo spielte.

Es sei denn, sie schwieg, denn zu Abwechslung und Vielfalt gehörte auch Johann Sebastian Bachs Französische Suite Es-Dur (BWV 815). Über die Herkunft und Originalität des Begriffs »französisch« mag man sinnen oder spekulieren – die Klangpracht des Cembalos fegte solche Gedanken allemal hinweg und begeisterte mit reicher Farbe und konzertanter Fülle ebenso wie mit geschmeidigen, gediegenen Tönen.

Dem kleinen, fünfsaitigen Cello gehörte dennoch ein großer Teil des Programms und der Aufmerksamkeit. Etwas nasaler klingt es vielleicht, aber keinen Deut weniger gesanglich. Im Gegenteil: in Johann Heinrich Schmelzers Variationen der Ciaccona in A zeigte Katrin Meingast, welche unterschiedlichen Charaktere sich damit erwecken lassen.

In einer weiteren Sonate für Violoncello und Basso continuo war Gelegenheit, die kleine Cellostimme singen zu hören. Das Werk des Komponisten Peter Pasqualino de Marzis, von dem kaum etwas über Person und Leben bekannt ist, krönte die Entdeckerfreuden dieses Nachmittags.

Die Zugabe, Henry Purcells »An evening hymn« zeigte die Akteure noch einmal gesanglich, doch selbst in der Zurückhaltung eines Lautenzugs kann enorme Zauberkraft liegen, wie Jan Katzschke am Cembalo noch einmal bewies.

25. Juli 2021, Wolfram Quellmalz

Das vierte und letzte Konzert der Reihe Alte Musik im Kunstgewerbemuseum findet am 25. September um 17:00 Uhr statt. Weitere Informationen unter: http://www.fk-kunstgewerbemuseum.de/musik-im-wasserpalais.html

Schreiben Sie einen Kommentar

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Verbinde mit %s