Streifzug (nicht nur) durch die Orgelliteratur
Während der Sommerferien gibt es – zweimal noch bis zum 4. September – statt der Kreuzvesper in der Dresdner Kreuzkirche den Orgelsommer zu erleben. Diesen Sonnabend brachten David Gorol (Violine) und Johanna Lennartz (Orgel) Literatur für Tasteninstrumente und Violine zu Gehör. Nicht immer war die Orgel originär als Begleitinstrument vorgesehen, doch das Instrument des Jahres kann wie kein anderes ein ganzes Orchester darstellen.
Johann Sebastian Bach hat einen ganzen Kanon von Präludien, Toccaten und Fugen hinterlassen, von Choralvorspielen und Triosonaten. Doch mittendrin gibt es auch solche Pretiosen wie das Pièce d’orgue (BWV 572), das als reizvolle Miniatur beginnt und sich allmählich zu einer komplexen Orgelkomposition erhebt. Johanna Lennartz hatte das Stück als beeindruckende Eröffnung für das Orgelsommerkonzert gewählt.
Ihm folgte die Sonate G-Dur (BWV 1021), in der die große Jehmlich-Orgel – spielend – den Basso continuo besetzt. Zart schwebend hob das Adagio an, Vivace und Presto zeugten von größter Lebendigkeit und nicht zuletzt Italianità. Daß Bach die italienische(n) Schule(n) kannte, spürt man in manchen seiner Werke. »Echt italienisch« ging es gleich hernach mit Arcangelo Corellis »La Follia« zu. Die »Verrücktheit« wirbelte David Gorol behend vom Bogen und vollführte allerhand kunstvolle Figuren. Die Capricen steigerten sich auf der Violine zu freien, kadenzartigen Gipfeln, bevor beide Instrumente schließlich doch wieder zusammenfanden und in einen sanften Ausklang mündeten.
Von hier ging es zu Edward Elgar, doch sein »Chanson de matin« schien im Vergleich zu seicht – auf die höchste italienische Kunst folgte Wunschmusik – diesen Vergleich konnte Elgar nur verlieren!
Viel würdiger und den Bogen schlagend (oder den Rahmen ergänzend) paßte Charles-Marie Widors Allegro vivace aus der Orgelsinfonie Opus 42 Nr. 5 ans Ende des Programms. In Variationen wandelte sich das Thema, schien bald wie ein Schumann’sches Gespenstertrio. Der Orgelsommer bereitete so erneut kurzweilige musikalische Erfrischungen.
22. August 2021, Wolfram Quellmalz
Am nächsten Sonnabend spielt Matthias Eisenberg im Rahmen des Orgelsommers Werke von Johann Sebastian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Ludwig Krebs und August Gottfried Ritter. Sonnabend, 28. August, 15:00 Uhr, Kreuzkirche Dresden. http://www.kreuzkirche-dresden.de
David Gorol ist nicht nur Solist, sondern forscht und stellt innovative Programme zusammen. Er ist Mitglied des Berolina Ensembles, mit dem er bereits zahlreiche wunderbare CDs veröffentlicht hat. Viele davon wurden mit Preisen ausgezeichnet. https://www.berolina-ensemble.de/