Durs Grünbein las in der Konzertreihe »Offenes Palais«
Die Konzertreihe Offenes Palais im Dresdner Palais im Großen Garten hat schon viel erlebt – Programme wie Gäste (und nun C.) – da ist es wichtig, flexibel und findig zu bleiben. Der neue Konzerttag ([meist] Freitag statt [meist] Dienstag) scheint auf jeden Fall gut angenommen zu werden, denn vor dem letzten Wochenende war bereits das Mittagskonzert um 14:30 Uhr ausgebucht, abends wurde die Veranstaltung so wie immer wiederholt.
»So wie immer« gibt es aber nicht, höchstens »so wie oft« oder »so wie schon einmal«. Diesmal stand bzw. saß mit Durs Grünbein ein Autor im Mittelpunkt, und der las natürlich. Musik gab es davor, danach und zwischendurch, kleine improvisierte Einschübe von Thomas Friedlaender (Organisator) und Anna Katharina Schumann (Vorsitzende des kürzlich mit dem Preis der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichneten Erkenne Dich selbst im Fremden e. V.), die mit Glocken, Zinken, Tierhörnern (ja, richtig gelesen!) und zischender Stempelmechanik für Klang sorgten – amüsant, überraschend und relativierend nach den Texten des Dresdner Autors. Denn der blickte zurück, weckte manche Erinnerung, band sie aber an das Jetzt, so daß – das würde auch nicht zu Durs Grünbein passen – kein Nostalgiegefühl vorherrschte.
Durs Grünbeins Texte führten sicher viele der Besucher in eine ihnen bekannte Vergangenheit (natürlich mag die damals erlebte Perspektive eine andere gewesen sein). Doch war dies auch für Gäste und Nicht-Dresdner interessant (eben keine Nostalgie), manches »von hier« zu erfahren oder eigenes Erleben von anderer Stelle in einer Dresdner Variation wiederzufinden.
Ohnehin sind handelt es sich weniger um Erzählungen, sondern in der Regel um Langgedichte, die einen erzählerischen, rhapsodischen Charakter mit der Poesie eines Gedichts verbinden, von Katzen berichten, die vor dem Fischladen warteten, dann aber auch die Realität einließen, wenn die Präsenz der Sowjetarmee in der DDR oder der Name des Bahnhofs »Frohe Zukunft« der damals noch Pioniereisenbahn (heute Parkeisenbahn) aus Kindessicht hinterfragt wurde. Unweit des Dresdner Zoos ging es aber auch um diesen und seine Tiere (eines der Bücher, welche die Buchhandlung Lesezeichen aus der Prießnitzstraße mitbrachte, trägt daher auch den Titel »Jahre im Zoo«.)
Untermalt wurde die in kurzen Begleitmusiken, teils akustischen Zurufen, fernem Hörnerklang oder (passend zum Text um den Zoo und seine Voliere) Vogelgezwitscher.
14. November 2021, Wolfram Quellmalz
Das nächste Konzert der Reihe ist für den 10. Dezember geplant und soll dann wieder im großen Festsaal des Palais stattfinden. Dann stehen adventliche Musik, Weihnachtskantaten von Philipp Heinrich Erlebach und anderen auf dem Programm. Weitere Informationen unter: