Bewußter Jahreswechsel

Kreuzvesper bleibt im Weihnachtskreis

Daß es in diesen stillen Wochen selbst zu Silvester beinahe still blieb und auf ein nicht nur buntes, sondern eben auch lautes Feuerwerk verzichtet wurde, schien geradezu folgerichtig. Immerhin konnten sich die Besucher der Silvestervesper damit fast ungestört Musik und Andacht widmen. Bis auf die Emporen war das Gotteshaus gefüllt – mit Platzkarten und Masken selbstverständlich. Auf den Kreuzchor, der die Vesper sonst an diesem Tag gestaltet, mußte die Gemeinde aber verzichten.

Kreuzorganist Holger Gehring und Sopranistin Jennifer Riedel füllten das Programm jedoch dem Anlaß entsprechend nicht allein sinnvoll, sondern lichtvoll, möchte man sagen, aus. Während draußen der Abendhimmel sehr zurückhaltend, dafür aber um so wundersamer in den Farben der Dämmerung schimmerte, besangen drinnen die wunderbarsten Lieder der Romantik das Jahresende und den Neujahrstag. Beides läßt sich eben nicht voneinander trennen, selbst wenn es scheint, als könnte man den Zeitpunkt mit Sekundenschärfe festlegen. Johann Abraham Peter Schulzes »Neujahrslied« nimmt so die letzte Stunde des Jahres auf wie den Neuanfang, den Jennifer Riedel mit aufstrebenden »Auf, auf, seid frohen Mutes« funkeln ließ, auf. Noch berührender waren die Weihnachtslieder Opus 8 von Peter Cornelius, die im Mittelteil die Hirten, die drei Könige und das Christkind beschrieben.

Dazwischen hatte Holger Gehring Alexandre Guilmant Pastorale aus der zweiten Orgelsonate eingeflochten. Sie trug nicht nur das Licht in sich, sondern war mit ihrem sanften, besinnlichen Rhythmus auch eine willkommene Gelegenheit, gedanklich noch einmal das vergangene Jahr zu durchschreiten.

Superintendent Christian Behr nahm den Zeitpunkt zum Anlaß, sich auf Worte aus dem 31. Psalm zu besinnen: »Meine Zeit steht in deinen Händen« diente ihm als auch sehr persönlicher Rück- und Ausblick. Daß immer beides dazugehört – helle und dunkle Momente – und wie man daraus Kraft und Zuversicht schöpfen kann, erzählt Friedrich Bonhoeffers Gedicht »Von guten Mächten«, das längst Einzug ins Gesangbuch gefunden hat. Christian Behr laß daraus jene Strophen, die nicht Teil des Gemeindegesangs waren.

Trotz aller Rückschläge, Rückblicke, Verluste, wurde es keine »düstere« Vesper. Das wog schon die Hoffnung auf, welche mit der Weihnachtsgeschichte gegeben wird. Alfred Grundmanns Drei Pastorale über Weihnachtschoräle für Orgel (»In dulci jubilo«, »Vom Himmel hoch« sowie »Quem pastores laudavere«) kündeten nach dem Geistlichen Wort davon, Adolphe Adams Cantique de Noël ist ein geradezu hymnischer Gesang, den Jennifer Riedel engelsgleich von der Orgelempore klingen ließ. Und auch Holger Gehring führte dabei die Orgel zum Abschluß ihres Festjahres (Instrument des Jahres 2021) noch einmal von ihrer königinnenlichsten Seite vor.

1. Januar 2022, Wolfram Quellmalz

Am kommenden Sonnabend, zu dem ursprünglich die KantatenIV bis VI des Weihnachtsoratoriums erklingen sollten, bleibt es weihnachtlich. »Wie schön leuchtet der Morgenstern« heißt es um 17:00 Uhr noch einmal in der Kreuzvesper. Kreuzorganist Holger Gehring spielt Phantasien, Bearbeitungen und Toccaten über Weihnachtschoräle. Liturg: Superintendent Christian Behr, weitere Informationen unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de

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