Sebastian Freitag spielte im Dresdner Orgelzyklus – nicht das erste Mal
Schon einmal hatte Sebastian Freitag an diesem Instrument gespielt, als er im Rahmen des Orgel-Zyklus‘ hier gastierte. Seit 1. März, als er sein Amt als neuer Domorganist im Bistum Dresden-Meißen offiziell antrat, ist die Silbermann-Orgel der Katholischen Hofkirche sozusagen »sein« Instrument. Noch kennt er es nur bedingt, will seinen Klang aber vorsichtig erforschen – mit den 47 Registern lassen sich großartige Farben mischen! Seit seinem Umzug in den letzten Tagen hat Sebastian Freitag schon mehrere Abende und Nächte an der Orgel verbracht, um sie besser kennenzulernen.
Die Stücke für das erste Konzert wählte er dennoch vorsichtig aus, im Bewußtsein, daß diese auf einem barocken Instrument von 1753 darstellbar sind. »Auf Nummer Sicher« ging Sebastian Freitag dabei aber nicht. Einerseits hatte er für seinen Einstieg ein modernes Stück ausgesucht, bewies in seiner Registrierung traditioneller Werke wie bei Bach aber auch, daß er nach Möglichkeiten sucht und sich nicht allein mit einem gewohnten Standard zufriedengibt.
Gleich mit John Cooks »Fanfare on Psalm 81« entführte der neue Domorganist in ungewohnte Regionen, geographisch wie das Instrument betreffend. Diese Fanfare kann man sich wohl auch größer als nur für die Eröffnung dieses Konzerts denken – die Aufbruchstimmung des dreiteiligen Werkes hatte etwas erweckendes, überraschte gleichzeitig aber schon mit besonderen Klängen, wie dem eines Harmoniums.
Die anglikanischen Orgeln, die John Cook kannte, haben gegenüber den europäischen einen deutlich höheren Winddruck, was die Spielweise und die Darstellung von Musik natürlich beeinflußt. Felix Mendelssohn war mit diesem Umstand durch seine Reisen nach England vertraut. In Mendelssohns dritter Orgelsonate forschte Sebastian Freitag zunächst prächtigen Gestaltungslinien nach, die im Choralzitat (Aus tiefer Not schrei ich zu dir) eine fundamentale Kraft fanden. Dieses Fundamentale basiert auf einem beständigen, fast inwendigen Baß, den der Domorganist in verschiedener Form zur Geltung brachte, so auch im festlich-glänzenden Schlußstück, Bachs Toccata und Fuge F-Dur (BWV 540).
Aufmerken ließen aber gerade zwei andere Stücke: auf Cooks Fanfare war Johann Sebastian Bachs berühmte Chaconne aus der Partita Nr. II erklungen, diesmal in einer Bearbeitung der jungen Organistin Amelie Held (Sebastian Freitag hat die Chaconne in verschiedenen Fassungen im Repertoire). Auf der Orgel entwickelt sich aus dem solistischen Stück ein kammermusikalisches, das durch das geradezu dialogische Gegenüber der Stimmen beeindruckte – eine Bereicherung!
Friedrich Wilhelm Zachows Partita »Jesu meine Freude« stand dem nicht nach. Auf Mendelssohns große Sonate folgend, meinte man sich zunächst in eine kleine Dorfkirche versetzt, so intim gab Sebastian Freitag den Choral vor. In den folgenden Variationen wuchs dieser einmal mit der Lebendigkeit eines Wasserspiels (oder von Vogelstimmen), glänzte nach bedächtigen Momenten dann mit prachtvoller, virtuoser Ornamentik.
10. März 2022, Wolfram Quellmalz
Im nächsten Konzert des Dresdner Orgelzyklus‘ spielt Bernhard Haas (München) Werke von César Franck, Johann Sebastian Bach, Charles Valentin Alkan, Charles Tournemire und Hugues Dufourt. Mittwoch, 16. März, 20:00 Uhr, 19:15 Uhr Künstlergespräch mit dem Organisten). Mehr dazu unter: http://www.frauenkirche-dresden.de