Nachtrag: Ein Hauch von Musenfest

Reihe Offenes Palais würdigt vergessenen Dresdner Komponisten

»Theatralisches Musen-Fest welches in Dreßden von Dames u: Cavalieren gefeyert worden Anno 1696« so der lautete der Titel im ganzen, hatte der Komponist und Kapellmeister Johann Christoph Schmidt ein Opéra-ballet zu ehren der Ehren der Rückkehr August des Starken vom Großen Türkenkrieg geschrieben. Es wurde nicht allein von Musikern der damaligen Sächsischen Hofkapelle aufgeführt, sondern war mit Tanz, Gesang und gesprochenen Texten angereichert – dargeboten von so berühmten Persönlichkeiten wie Maria Aurora von Königsmarck (eine Adelige und Maitresse Augusts des Starken). Die Namen der edlen Besetzung sind im erhaltenen Textbuch teilweise noch gut nachzulesen – es muß ein großartiges, üppiges Fest gewesen sein!

Eigentlich wäre es wert gewesen, nachgestellt zu werden, und das Bestreben Anne Schumanns, welche die Idee hatte und das Konzept erarbeitete, läßt sich nur hoch anrechnen. Dennoch stellt sich die Frage, ob die gewählte in Besetzung und mit Auszügen kleinere Form dem damaligen Spektakel gerecht wird und ob es den Komponisten Schmidt wie das Spektakel vermitteln konnte. Und hier muß man klar sagen: nein. Selbst mit einem »Werkstattkonzert« am Donnerstag vorab in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, wo Aufführungsdokumente, Noten und Textbuch erhalten sind, erschloß sich dies nicht. Auch der Programmzettel gab nicht mehr als den – selbst jetzt noch – beeindruckenden Ablauf wieder. Ein herber Beigeschmack bleibt so, denn die Person Johann Christoph Schmidt wurde so nicht nachhaltig in Erinnerung gerufen. Hinzu kam, daß es wegen der aktuellen Erkrankungen in der kleinen Besetzung zu zahlreichen, auch sehr kurzfristigen Änderungen kam. Als ein Eindruck des Werkstattkonzerts blieb zunächst die bange Frage, ob sich die Beteiligten nicht überschätzt hätten und die für den folgenden Tag vorgesehene Aufführung wohl sicher bewerkstelligen können würden.

Letztlich glückte es, im Rahmen der Möglichkeiten. Dafür sind Musiker wie Anne Schumann und Sebastian Knebel vom Ensemble Fürsten-Musik oder Sängerinnen wie Marie Hänsel und Dorothea Wagner auch zu routiniert und mit der Epoche eng genug vertraut. Die beiden Aufführungen im Palais im Großen Garten können somit als Erfolg für das Publikum gesehen werden. Dennoch wurden die Lücken deutlich spürbar. So hat Schmidt in seinem Werk immer wieder auf ein Consort zurückgegriffen, welches hier aber – ohne ein Violoncello, welches kurzfristig nicht gleichwertig ersetzt werden konnte – nicht so geschlossen klang, wie man es kennt. Schade, denn gerade diesen geradezu umwerfenden Consortcharakter vermißte man. Mit Mareike Greb hatte man eine Tänzerin gefunden, die sich im Ausdruck wie historisch vom Fach erweis und im Werkstattkonzert noch sehr erhellend verdeutlichte, wie wichtig und anders Rhythmik für den Tanz ist im Vergleich mit rein musikalischen Aufführungen. Doch wenn im Programm ein Ballett für vier und mehr (Ballett der sieben Sterne) steht, wirkt dies dennoch dürftig und hat nichts mit Pandemieeinschränkungen, sondern mit einem allzu knappen Konzept zu tun.

Kein Musenfest, nur ein Hauch davon also, aber mit Einblicken, die darauf hoffen lassen, das es vielleicht noch einmal »groß« auferstehen zu lassen.

28. März 2022, Wolfram Quellmalz

Das nächste Konzert der Reihe Offenes Palais findet am 22. April (wieder 14:30 und 19:30 Uhr) statt. In der 232. Veranstaltung heißt es dann »Von Musik und Macht oder die Kunst des Kanons«. Angelika Fritzsching (Traversflöte), Ulrike Titze (Violine), Alma Stolte (Violoncello) und Jan Katzschke (Cembalo) spielen Johann Sebastian Bachs Musikalisches Opfer (BWV 1079). Mehr unter: offenespalais.wordpress.com/

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