Kleiner Schloßhof wurde zum Musikraum

Amarcordplus zu Gast beim Barock.Musik.Fest

Die fünf Sänger von Amarcord erkunden gerne auch einmal musikalische Randgefilde. Manchmal werden die moderierten und experimentellen Formate dann unterhaltsam, eines jedoch fehlt Amarcord nie – die Qualität. Um den Zusatz plus im Namen erweitert, sind sie aber auch schon oft in Bereiche vorgedrungen, die sich erst mit zusätzlichen Stimmen öffnen ließen. Außer drei hohen Solostimmen hatte sich Amarcordplus diesmal erneut die Begleitung von absoluten Alte-Musik-Spezialisten gesichert: Norbert Schusters Cappella Sagittariana Dresden stand am Freitag im Kleinen Schloßhof des Residenzschlosses Dresden an der Seite des gewachsenen Vokalensembles. Die Leitung überließ Norbert Schuster diesmal dem Organisten und Chorleiter Hans Christian Martin.

Die Ballung von Spezialisten garantiert noch keinen Erfolg, doch wenn es glückt, kann ein geradezu überwältigendes Ereignis die Folge sein, ein Konzerterlebnis, welches gar das Zeug zu einem Jahreshöhepunkt hat – so erlebte es das Publikum am Freitag im Kleinen Schloßhof! Marie Luise Werneburg und Anna Kellnhofer (Sopran) sowie Altus David Erler rundeten das Stimmspektrum von Amarcord nach oben ab, das sich im überdachten Schloßhof mit einem manchmal an einen Kirchenraum erinnernden Nachhall auf berührende Weise entfaltete. Ob gleichmäßig aufgeteilt, solistisch (die Tenöre Wolfram Lattke und Robert Pohlers), in zwei ähnlichen (aber nie ganz gleichen) Gruppen oder bewußt ungleich – solch zu Herzen gehende stimmliche Präsenz erlebt man selten! Auszüge aus den Kleinen Geistlichen Konzerten, den Psalmen Davids (mit denen in Dresden Schützens Zeit begann) oder Symphoniae sacrae waren schlicht bezaubernd, atemberaubend, sorgten für Gänsehautmomente. Die Instrumentalisten schlossen die Sänger nicht nur ein, sie durchwirkten sie – auch Zinken und Posaune klangen aus dem Gesangsensemble heraus, nicht darüber hinweg. Das einleitende „Eile mich, Gott, zu erretten“ (SWV 282) sei hier stellvertretend erlebt – nach dem »Amen«, das sich in Richtung Glasdach erhob, herrschte eine andächtige Stille, die erst ganz am Ende von stürmischem Applaus unterbrochen wurde.

7. Mai 2022, Wolfram Quellmalz

Das Heinrich Schütz Musikfest erwartet seine Gäste regulär zwischen 7. und 16. Oktober. Das Programm wird Mitte Juni bekanntgegeben. Wer so lang nicht warten mag, der kann die Sommerproduktion der Serkowitzer Volksoper in der Sommerwirtschaft Saloppe besuchen, die sich ebenfalls der Musik von Heinrich Schütz zuwenden will. Mehr zu Stück und Programm in der zweiten Maihälfte. Barockmusik gibt es aber auch im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele: am 8. Juni heißt es in der Loschwitzer Kirche »Hasse in Neapel«.

http://www.schuetz22.de
http://www.musikfestspiele.com
http://www.dresdner-hofmusik.de
http://www.serkowitzer-volksoper.de

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