Kirchweihfest mit Zelenka

360. Geistliche Sonntagsmusik in der Dresdner Frauenkirche

Auf den Tag genau vor siebzehn Jahren wurde die Dresdner Frauenkirche geweiht, zählt man die Begegnungen und Andachten in der bereits zuvor wiedereröffneten Unterkirche dazu, sind es gar 25 Jahre. Die Zahl der 360. Geistlichen Sonntagsmusik kündet neben dem Zeitraum auch davon, daß das Gotteshaus nicht nur geographisch ins Zentrum Dresdens zurückgekehrt ist.

Frauenkirchenkantor Matthias Grünert, Photo: Frauenkirche Dresden, © Thomas Schlorke

Statt eines großen Festkonzerts am Vorabend des Reformationstages gab es also ein kleineres Kirchweihfest mit einer knappen Stunde Musik und Andacht. Dabei stand mit Auszügen aus Jan Dismas Zelenkas »Missa votiva« (ZWV 18) das Werk eines bedeutenden Dresdner Hofkomponisten und Kirchen-Compositeurs auf dem Programm. Daß Zelenkas Musik zu seiner Zeit in der Frauenkirche erklang, ist nicht sicher. Schließlich war der Hof damals katholisch, allerdings hatte der Bau der Katholischen Hofkirche gerade erst begonnen, da Zelenka seine Missa schrieb. Die Frauenkirche dagegen wurde kurz nach Zelenkas Missa fertiggestellt – also vielleicht doch?

Eines darf man zumindest vermuten, meinte Frauenkirchenkantor Matthias Grünert vorab: daß Zelenka und Bach sich persönlich begegnet sind. In ihren Kreisen hatten sie zumindest gemeinsame Bekannte, wie Zelenkas Kopisten. Und überhaupt: Bach, ist sich Matthias Grünert sicher, würde die heutige Frauenkirche sofort wiedererkennen, während sich in der Thomaskirche Orgel und Innenraum seit seiner Zeit verändert haben.

Die Geistliche Sonntagsmusik wurde vom Kammerchor der Frauenkirche und dem ensemble frauenkirche dresden mit Musikern aus Staatskapelle und Philharmonie gestaltet. Matthias Grünert freute sich aber auch, im Solistenquartett neben Rahel Haar (Alt), Tobias Hunger (Tenor) und Stephan Heinemann (Baß) erstmals mit Sopranistin Isabel Schicketanz zusammenzuarbeiten. Die Vorfreude war berechtigt: ihr Engelssopran berührte besonders im Gloria (»Qui tollis peccata mundi« / Du nimmst hinweg der Welt Sünde), fand aber mit den übrigen Solisten auch in ein ausgewogenes Quartett bzw. in Duette. Zu Beginn des Gloria wechseln beispielsweise die Duos von Sopran und Alt sowie Alt und Tenor mit dem Chor, was ausgewogen gelang. Der Kammerchor der Frauenkirche beeindruckte mit einem geschmeidigen Gesamtklang, was noch unterstrichen wurde, weil Matthias Grünert die unterschiedlichen Teile bzw. Unterteilungen entsprechend eng band und für musikalischen Fluß sorgte oder mit kleinen Pausen für Zäsuren des Innehaltens sorgte.

Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke nahm in ihrem Geistlichen Wort Martin Luthers Psalmtext »Wie lieblich sind Deine Wohnungen« auf und bezog damit zum Kirchweihfest die Bedeutung des Hauses mit ein.

Zelenkas Missa votiva hat einen zuversichtlichen Charakter. Kyrie eleison wie auch das Dona nobis pacem aus dem Agnus Dei sind von unverhohlener, festlicher (die Sätze sind »Vivace« gekennzeichnet) Freude geprägt. Dabei mischte sich die Oboe (Johannes Pfeiffer) als fünfter Solist unter die Sänger. Die Zuversicht, die sich hier musikalisch vermittelte, war nicht nur für den Moment beglückend, sondern kann bestärken, vor allem, wenn sie so geschlossen musiziert wird.

31. Oktober 2022, Wolfram Quellmalz

Am kommenden Wochenende gibt es gleich zwei große Konzerte in der Dresdner Frauenkirche: Am Sonnabend musizieren der Chor Vox Bona, The Al Ol Ensemble und l’arte del mondo Georg Friedrich Händels Oratorium »Israel in Egypt«, am Sonntag sind zum Abschluß des Heinrich-Schütz-Festjahres die Capella Sagittariana und Solisten für ein Festkonzert zu Gast, weitere Informationen unter: http://www.frauenkirche-dresden.de

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