Soloharfenistin der Sächsischen Staatskapelle brillierte mit anspruchsvollem Konzert
Nach einem zögerlichen Beginn im Herbst scheint der große Teil des Publikums wieder zurück zu sein. Am Donnerstagabend war die Semperoper zum Aufführungsabend der Sächsischen Staatskapelle bestens besucht, dabei stand kein Lieblingsstück auf dem Programm, sondern drei recht ungewohnte Werke. Das trifft selbst auf Johannes Brahms Serenade Nr. 1 zu – selten erlebt man sie im Konzert.

Geglückte musikalische Partnerschaft: Johanna Schellenberger (Harfe) und Mihhail Gerts (Dirigent), Sächsische Staatskapelle Dresden, Photo: Sächsische Staatskapelle Dresden, © Markenfotografie
Dirigent Mihhail Gerts eröffnete den Abend mit Claude Debussy »Petite suite«, die hier in der Orchesterfassung von Henri Büsser präsentiert wurde. Der hatte den tänzerischen Aspekt durchaus betont – ein wenig erinnerte manches an Tschaikowskys Ballettmusiken. Die Staatskapelle sponn im ersten Satz (»Un bateau«) frühlingshaft leicht, der zweite stand dem in nichts nach – nun schienen die Schneeflocken zu tanzen. Die Holzbläser, die hier schon charmant gesungen hatte, stimmten sogleich den dritten Satz an. Kaum weniger beeindruckend war das vielfältig besetzte Schlagwerk – alles schien an diesem Abend in einem milden Glanz zu strahlen.
Während die meisten Besucher Debussys »Petite suite« wohl schon einmal gehört haben, dürfte ihnen Alberto Ginastera Harfenkonzert Opus 25 unbekannt gewesen sein. Johanna Schellenberger, sonst mit ihrer Harfe hinten im Orchester oft ein wenig versteckt, durfte nun einmal den ersten Platz beanspruchen – und füllte ihn musikalisch virtuos aus. Der anspruchsvolle Part schien ihr keinerlei Mühe zu bereiten – ob gleitende Akkorde, leise und gedämpft oder glasklar und messerscharf – in Dynamik und Charakter bot die Soloharfenistin alles auf, gleichzeitig konnte man staunend vernehmen, was so eine Harfe alles zu bieten hat. Neben dem Tanz auf den Pedalen sorgte Johanna Schellenberger zweihändig für Zaubereffekte – die linke Hand spielte die Melodie, die rechte gab einen Echohall wieder.
Mihhail Gerts stellte eine spielerische Balance mit dem Orchester her, und noch hier verblüffte Ginastera. Rhythmisch prägnant oder in Streicherschattierungen enthielt der erste Satz ein Nachstück, der letzte schloß – zweiteilig – mit einem lebhaften Vivace-Tutti.
Was nach der Pause geboten wurde, war doch ein ganzes Stück anders. Johannes Brahms erkennt man in seiner Serenade vielleicht nicht beim Akkord, aber sobald der Satz sich entwickelt, ist der Komponist unverkennbar da. Es war ein unverhofft gelöster, heiterer Brahms, den die Staatskapelle hier bot. (Schließlich rang er doch der Überlieferung nach um die sinfonische Gattung.) Vieles davon erreichte er schon in seiner Serenade, wenngleich man feststellen muß, daß ihr die Dramatik der Sinfonien noch fehlt, der teils untergründige Humor aber nicht. Satt und gewogen erklang das Scherzo – das Orchester fand auch in der kleineren Kammerbesetzung zu einem beeindruckend kräftigen und homogenen Klang, einem Gefüge und Korpus, aus dem die Soli Flöten oder Klarinetten ragen. Golden glänzten Hörner und Trompeten, die nicht auf der Bühne seitlich rahmten, sondern gleichermaßen das Gesamtgefüge.
Brahms auf dem Wege könnte man diese Serenade nennen, etwas ungewichtig noch in den Sätzen hat sie sich schon weit von der Suite entfernt, kommt der Sinfonie bereits nahe, verblüffend war die Dichte, zu der Mihhail Gerts das Orchester führte – gerade das, diese eingeschlossenen, miteinander verbundenen Stimmen hatte der Komponist ja gewollt.
23. Dezember 2022, Wolfram Quellmalz
Auch der nächste Aufführungsabend im Januar hat Entdeckerpotential – man darf gespannt sein! Am 26. Januar erklingen Werke von Wolfgang Amadé Mozart, Karl Amadeus Hartmann und György Ligeti, Dirigent: Gregory Vajda, Solist: Lukas Stepp (Violine)