Short concert – extra lang

Begegnungsreihe der Musikhochschule mit einer Uraufführung

Seit vielen Jahren mittlerweile bietet die Reihe short concert an der Dresdner Musikhochschule Neugierigen eine Möglichkeit, zeitgenössische Musik im Gegenüber berühmter klassischer Werke kennenzulernen. Die Idee sei, so Jörn Peter Hiekel in seiner Moderation, einen Separatismus zu vermeiden, wie er zum Beispiel entsteht, wenn Neue Musik allein in einem eigenen Rahmen präsentiert wird. Der kann sie zwar zur Geltung bringen, ihr gerecht werden, doch letztlich gehören Mozart und Beethoven doch mit Webern und Schönberg zusammen – sowie mit den aktuellen Komponisten. In einem gemeinsamen Kontext können sie sich ohne weiteres ergänzen, zumal viele nachgeborene Komponisten sich – direkt durch Zitate oder indirekt, indem sie Formen oder Stimmungen aufgegriffen haben – auf ihre Vorgänger beziehen.

der Am Montag fand, kurz nach Semesterschluß, das erste short concert des aktuellen Studienjahres statt. Anders als sonst, wenn das kleine, kostenfreie Format für eine knappe Stunde einen konzentrierten Blick offenbart, dauerte es diesmal mehr als doppelt so lang. Zudem bot es gleich zu Beginn eine Uraufführung: Sebastian Claren, 1965 geboren, hatte seine »Symphonie II« bereits mit etwa 18 Jahren geschrieben. Einen seiner stärksten Bezüge fand er damals bei Anton Webern, weshalb es den aus Berlin angereisten Komponisten freute, daß dessen »Symphonie« Opus 21 am Programmende stand. Während Webern die gesamte sinfonische Farbpallette ausnutzt, hatte Sebastian Claren versucht, eine Art schwarz-weiß-Bild herauszufiltern, einer Reduktion entsprechend, die dennoch auf die gleiche Grundsubstanz zurückzuführen ist.

Mit je zwei Klarinetten, Hörnern, Violinen und Violoncelli erschloß das Werk einen sinfonischen Klangraum, der sich aber nicht gemeinsam und gleichzeitig herausgebildete, sondern in einzelnen, von unterschiedlichen Instrumenten »zusammengesetzten« Dreiklängen und Tonfolgen aufgespannt wird.

Einer Reduktion schien später Cornelius Schwehrs »Quintus I« für Oboe, Trompete, kleine Trommel, Gitarre und Viola zu folgen (zuvor war bereits sein »poco cantabile« erklungen). Sein Weg war dennoch ein anderer: In kurzen Sequenzen setzen sich oft mehrfach geteilte Sätze zusammen, hier aber in einem Zusammenspiel, daß nicht nur sinfonisch färbt, sondern Verfremdungseffekte bietet, also auch neue Klangerfahrungen oder – wenn man es so »biologisch« auffassen mag – Klangkinder, die sich durch das Zusammenspiel zweier Eltern (wie Gitarre oder Oboe) ergeben.

Begegnung von Lachenmann und Schubert, Photo: NMB

Dem Begegnungsgedanken der Reihe folgend präsentierte ein kleines, von Nicolas Kuhn geleitetes Ensemble Ausschnitte aus Franz Schuberts Ballettmusik »Rosamunde«, die sich mit Klavierwerken Helmut Lachenmanns abwechselten. Diese bargen einen direkten (»Variationen über ein Thema von Schubert«) oder indirekten Bezug (»Wiegenmusik«) auf Franz Schubert. Lachenmann, den eine enge Kooperation mit der Musikhochschule verbindet, erwies sich dabei als gewitzter und wacher Geist, der seinem Publikum manches entdecken kann – und sich nicht scheut, den Pianisten an den Tasten schaben zu lassen, ohne daß eine Saite angeschlagen wird (»Guero«).

7. Februar 2023, Wolfram Quellmalz

Die Reihe der short concerts sowie die Neue Musik im Rahmen des KlangNetzes Dresden werden im Sommersemester fortgesetzt.

http://www.hfmdd.de/veranstaltungen/

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