Peter Rösel und das Dresdner Streichquartett im Dresdner Kulturpalast
Vor ein paar Jahren noch mußte man Termine mit Peter Rösel in Dresden suchen, seine jüngsten Aufnahmen – in der Lukaskirche entstanden – waren zunächst für den Japanischen Markt bestimmt und mußten als »Re-Import« bestellt werden. Mittlerweile und ein paar runde und halbrunde Geburtstage später kann man den Pianisten wieder regelmäßig erleben, auch in großen Klavierabenden im Kulturpalast.
Am Donnerstag hatte der Veranstalter Vienna Classic dazu das Dresdner Streichquartett mit Musikern der Sächsischen Staatskapelle eingeladen, das dem Pianisten seit Jahren künstlerisch verbunden ist. Insofern konnten sich die Beteiligten also ohne große Suche bei zwei Gipfelwerken der Musikliteratur finden: die Klavierquintette g-Moll Opus 57 von Dmitri Schostakowitsch und f-Moll Opus 34 Johannes Brahms. Beiden gemein ist, daß sie in Anlage und Wirken größer scheinen als vermeintlich kleine Kammermusikstücke. Arnold Schönberg bearbeitete Brahms‘ Quintett 1937 sogar für eine große Orchesterbesetzung – eine absolut beachtenswürdige Fassung! Insofern fühlten sich beide Werke im großen Konzertsaal recht wohl.
Schon Dmitri Schostakowitschs Quintett wohnt ein sinfonischer Duktus inne. Peter Rösel und das Streichquartett (mit Thomas und Barbara Meining / Violinen, Andreas Schreiber / Viola sowie Tom Höhnerbach / Violoncello für den erkrankten Martin Jungnickel) hoben die große Form heraus, fanden Orchester- oder Orgelstimmen, schließlich beginnt Schostakowitsch mit Präludium und Fuge. Sehr zum Gewinn war die Ausgewogenheit, denn oft standen sich nicht ein Klavier und ein Streichquartett gegenüber, sondern fünf eigenständige Stimmen. Und die erlaubten es, Schostakowitschs Favoritenstück ein wenig neu zu hören. Zwar ist das als Zugabe wiederholte Scherzo einer der beliebtesten Sätze, doch in seiner Feinheit und Raffinesse wird es doch vom vierten Satz übertroffen – das Intermezzo. Lento ist vielleicht nicht so eindrücklich, aber in seiner Innigkeit viel höher zu schätzen als der dritte Satz!
Von Innigkeit wußte einer wie Brahms viel zu berichten. Mit ihm brach sich eine Leidenschaft Bahn, in der Peter Rösel und das Dresdner Streichquartett jedoch keine Zügellosigkeit fanden, sondern Gesang, Humor, Lebensfreude offenlegten. Oder Zugewandtheit – »Clara!« [Schumann] schien der erste Satz zu rufen. Das innige Beisammensein löste sich auch dann nicht auf, wenn die Anteile der Partner reduziert waren, die zweite Violine einmal kurz schwieg, derweil das Violoncello pizzicato die Dreieinigkeit von Klavier, erster Violine und der herrlich singenden Viola kommentierte. Und: Auch Brahms‘ kann impulshaft scherzen, zeigte der dritte Satz – bei ihm wirkte es freier und weniger bedrohlich.
Wenn Freunde musizieren, dann finden sie noch im Presto Gelassenheit. Brahms Finale veredelte einen großen Kammermusikabend.
14. April 2023, Wolfram Quellmalz
CD-Tips: Schon 1984 nahm Peter Rösel mit der Sächsischen Staatskapelle Carl Maria von Webers Klavierkonzerte in der Lukaskirche auf. Die CD (mit dem Konzertstück für Klavier und Orchester Opus 79f-Moll) hat nach wie vor Referenzcharakter, erschienen bei Berlin Classics

Johannes Brahms: Klavierquartett Opus 25 in der Bearbeitung von Arnold Schönberg, MDR Sinfonieorchester, Jun Märkl, erschienen bei Querstand

Peter Rösel ist am 29. April in der Villa Teresa zu Gast. »Musik und Literatur« heißt es dann, wenn er mit Friedrich Wilhelm Junge zusammentrifft und Ludwig van Beethovens Opus 111 im Mittelpunkt steht.