Silvesterkonzert in der Versöhnungskirche Dresden
Die Kirchgemeinde der Versöhnungskirche mit der Kantorin Margret Leidenberger gehört zu den musikalisch besonders aktiven. Den Silvestertag feierten sie mit Claudio Monteverdis »Marienvesper«.
Kaum zu glauben, daß diese Musik über 400 Jahre alt und dabei höchst lebendig ist. Mit einbezogenen Psalmvertonungen verbindet sie für katholische Christen wie Juden wesentliche Texte und hat längst den Weg in die Programme protestantischer Gotteshäuser gefunden. Obwohl der Anlaß der Vesper, Mariä Verkündigung, auf den 25. März fällt, so ist eine Aufführung in der Weihnachtszeit mit dem Gedanken an die Menschwerdung Gottes naheliegend. So war die Versöhnungskirche bis auf den letzten Platz besetzt.
Die Instrumenta Musica und der Kammerchor der Versöhnungskirche bildeten das musikalische Rückgrat und sorgten mit teilweise altem Instrumentarium und polyphoner Klangvielfalt für eine festlich-prächtige Atmosphäre. Erstaunlich, wie der Chor die immense Aufgabe meisterte, gerade in längeren Passagen die Spannung hielt. Schon die fugierte Vertonung des 109. Psalms schien in einer großen Steigerung zu wachsen, bevor sich alle Stimmen sinnig im »Amen« trafen. Noch stärker war dies im 126. Psalm zu spüren: »Nisi Dominus aedificaverit domum« (Wo der Herr nicht das Haus baut) beschrieb die Bedeutung Gottes im Leben und die Sonderstellung Marias mit zu Herzen gehender Freude.
Darüber hinaus hatte die Kantorei für die »Marienvesper« ein erstklassiges Solistenensemble gefunden: Isabell Schicketanz und Heidi Maria Taubert (Sopran), Stefan Kunath (Altus), Alexander Bischoff und (oft als Antwort bzw. Echo) Tobias Mäthger (Tenor) sowie Martin Schicketanz und Felix Schwandtke (Baß), die einzeln überzeugten, aber vom glänzenden Sopran bis zum körperreichen Baß auch als individuelles Ensemble zusammenwuchsen. Heidi Maria Taubert verfügt schon lange über eine schlanke, von Schönheit geprägte Stimme, die mittlerweile eine außerordentliche Strahlkraft erlangt hat. Isabell Schicketanz ist längst als einfühlsame Interpretin bekannt. Sie kann unvergleichlich feinen Nuancen nachspüren und die innere Stimme einer Person oder Rolle finden, wie im »Virgo singularis« (O Jungfrau auserwählt) des Hymnus‘. Auffallend war ebenso die bestechend klare Artikulation Stefan Kunaths.
Den festlichen Anlaß der Vesper hatte Claudio Monteverdi auch in der instrumental aufwendigen Musik verankert, die mit schlichter Baßbegleitung solistischer Stimmen ebenso aufwartet wie mit pastoral-freudvollem (oder wiegendem) Glanz. Dem Orchester gelang es, mit Streichern und Bläsern bis hin zu wechselnden Flöten und Barockharfe diesen Lichtschimmer zu beleben und sich mit den Stimmen zu verbinden. Margret Leidenberger sorgte dafür, daß es sich in der Aufführung stimmig fügte, und so wurde die Bedeutung vieler Texte, auch des Chores, herausgestrichen. Hier sei – nur stellvertretend – auf den Hymnus verwiesen. »Sumens illud Ave« (Den Gruß hast du genommen) des Chores hatte schon zu Beginn viel vom frohen »Dona nobis pacem« – schließlich bezog sich der Vers auf den innewohnenden Frieden.
1. Januar 2020, Wolfram Quellmalz