Universitätsorchester kehrt mit neuem Chefdirigenten zurück
Im April 2020 war Helmuth Reichel Silva zum Chefdirigenten und Künstlerischen Leiter des Universitätsorchesters Dresden gewählt worden, zusammen auftreten konnten sie seitdem nicht. Selbst Proben waren kaum möglich – jeder spielte für sich allein und versuchte, das Niveau zu halten.
So freute sich Moritz Zeidler, 1. Vereinsvorsitzender des Universitätsorchesters, am Sonntag in der Lukaskirche, daß sie alle nun wieder »gemeinsam statt einsam« spielen dürfen. Damit erfülle sich auch für Musiker ein »Sommermärchen«. So lautete auch der Programmtitel, der sich aber natürlich ursprünglich auf die Musikstücke bezog. Ganz nebenbei feierte das Orchester mit dem Konzert (in zwei Aufführungen) sein sechzigjähriges Bestehen – neunundfünfzig davon haben sie gespielt.
Heute zählt das Universitätsorchester Dresden über einhundert Mitglieder. Sie können kaum einmal alle gleichzeitig auftreten. Nicht nur die aktuellen Bedingungen sprechen dagegen, auch die Besetzungsstärke der meisten Stücke gibt solches nicht her. Also formierte sich das Orchester in seinem Konzert dreimal um – jedes Stück war anders besetzt, womit die Zahl der Beteiligten maximiert werden konnte.
Der mythische Stoff der Melusinen beschäftigt seit Jahrhunderten schon die Menschen, unzählige Adaptionen zeugen davon. Felix Mendelssohn war mit seiner Konzertouvertüre nicht allein – Märchenstücke, Dramen oder Opern nach dem Melusinenstoff waren geradezu in Mode. Mendelssohns Ouvertüre »Das Märchen von der schönen Melusine« ließ schon zu Beginn in den Bläsern die Wassermassen (Melusine ist eine Wasserfee) wogen, die Streicher sorgten für dramatische Aufladung, später steuerten vor allem die Blechbläser einen kämpferischen Fanfarenton bei und malten die Stimmung reich aus, ganz im Sinne des Komponisten (Mendelssohn war die Stimmung wichtiger als ein Handlungsabbild).
Auch wenn Robert Schumanns Cellokonzert kein mythischer Stoff zugrunde liegt, läßt sich darin ein märchenhafter Gestus finden. Solistin Laura Moinian faßte das Stück nicht eindimensional romantisch auf, sondern ließ Raum für herbe, tiefe, sehnsüchtige Klänge, ihr Spiel glich der Suche nach einem Weg zum Licht. Helmuth Reichel Silva arbeitete die Dialoge und Kontraste sorgsam heraus, etwa wenn die Holzbläser (vor allem Flöten) den Cellopart erwiderten oder die Streicher Pizzicato das Duett von Solistin und Stimmführer Violoncello umrahmten.
Nicht nur Melusine, auch Peer Gynt führte ein bewegtes, stürmisches Leben. Mit vier Stücken aus den beiden Suiten Opus 46 und Opus 55 von Edvard Grieg verabschiedete sich das Universitätsorchester Dresden vorläufig von seinem Publikum. In seinem Ungestüm (»Heimkehr«) übertraf Peer Gynt dabei Melusine (der Ausgang ist für ihn aber wohl auch glücklicher als jener Melusines, deren Heimkehr ins Reich der Meerjungfrauen führt). Der auf die »Morgenstimmung« folgende »Brautraub« gab dem Orchester noch einmal Gelegenheit, sich nicht nur stimmungsvoll verträumt, sondern in lodernd grellen Farben zu präsentieren. Und nachdem Oboe, Klarinetten und Flöten sowie alle Blechbläser einmal in den Vordergrund treten durften, setzten sich schließlich noch die Fagotte »In der Halle des Bergkönigs« markant in Szene.
19. Juli 2021, Wolfram Quellmalz
Weitere Informationen unter: http://www.uniorchester-dresden.de/konzerte