Elbland Philharmonie näherte sich im 2. Philharmonischen Konzert Italien
Man habe, sagte Chefdirigent Ekkehard Klemm in seiner Einführung, vor einem Jahr wohlweislich erwogen, daß dieser Winter noch pandemiebedingte Beeinträchtigungen haben könne, und die Programme daher so gestaltet, daß sie inhaltlich beständig, in der Aufführung aber flexibel sind. Das heißt vor allem: entweder sind sie a priori nicht mit einem Riesenorchester besetzt, oder es gibt Fassungen für ein verkleinertes Ensemble. Hector Berlioz‘ Sinfonie »Harold en Italie«, die ebenso zum Programm gepaßt hätte, ist daher für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen.
Der in Blasewitz geborene Johann Gottlieb Naumann durfte das Programm mit einem Italienausflug beginnen – seine Oper um die mit Zauberkräften bewährte Armide harrt noch der Wiederentdeckung, am Sonnabend (Kulturschloß Großenhain) und Sonntag (Landesbühnen Sachsen, Radebeul) erklang die Ouvertüre im Sinfonia-Stil mit munteren Ecksätzen und einem geschmeidigen Mittelteil. Vor allem dem dritten Satz wohnte ein Singspielcharakter inne – wie später bei Rossini wartete man förmlich darauf, daß sich nun der Vorhang heben würde.
Ganz ohne Vorhang betrat Solist Dominik Wagner das Podium. Der Gewinn des ARD-Musikpreises 2016 ist nur einer von vielen, wiewohl einer der wichtigsten. Grund genug, einmal ein Instrument in den Mittelpunkt zu rücken, das sonst eher seitlich hinten zu finden ist: den Kontrabaß. Giovanni Bottesini war ein Virtuose darauf und wurde oft als »Paganini auf dem Kontrabaß« bezeichnet. Er war zudem ein herausragender Dirigent und Komponist. Zu seinem Œuvre gehören zahlreiche Werke für Kontrabaß, mitunter leichtfüßig wie das Grande Allegro di Concerto »alla Mendelssohn« – sollte sich Camille Saint-Saëns also bei der Besetzung des Elephanten im »Karneval der Tiere« geirrt haben? Es scheint so, denn Dominik Wagner überzeugte in Bottesinis Konzert für Kontrabaß und Orchester fis-Moll (Instrumentierung für kleineres Orchester von Reinhard Wolschina) mit behender, superber Bogenführung, mit Leichtigkeit und vor allem: Ausdruck. In die Falle, sein Instrument als virtuoses Schaustück vorzuführen, tappte er nicht, dabei ist der Anspruch an den Spieler gleichwohl enorm. Singen konnte sein Kontrabaß ebenso wie ein Violoncello, aber auch ein zartes Piano entfalten (Andantino). Das Finale gaben Bottesini und Wagner mit enormen Sprüngen und Flageolett – gerne mehr, forderte das Publikum, und bekam dafür das Werk eines aktuellen Kontrabaß-Paganinis: François Rabbaths Ibérique Peninsulaire verbindet wie bei Bottesini Virtuosität mit geschmeidigem Ausdruck und fügte dem italienischen Abend noch etwas Habanera-Kolorit hinzu. – Wem das nicht genügt, dem sei empfohlen, die Seite der Musikhochschule zu besuchen. Im Sommersemester gibt es sicher wieder ein »Podium Kontrabaß«.
Von der iberischen Halbinsel ging es im Konzert noch zweimal zurück nach Italien. Gioachino Rossinis spritzig offerierte Ouvertüre zu »La scala di seta« (»Die seidene Leiter«) nahm noch einmal einen märchenhaften Opernstoff auf, mit Ottorino Respighis Orchestersuite »Gli uccelli« (»Die Vögel«) verband die Elbland Philharmonie Italien und Frankreich, denn der Komponist hatte seine Vorlagen unter anderem bei Rameau (»La gallina« / die Henne) gefunden. Das Orchester durchstreifte mit »L’usignuolo« eine ganze stimmungsvolle Nacht, statt nur die Singstimme der Nachtigall herauszuputzen.
31. Januar 2022, Wolfram Quellmalz
Im nächsten Philharmonischen Konzert geht es Anfang März, wenn wir uns dem Frühling nähern, ins eisige Finnland. Dann erklingen unter anderem Werke von Jean Sibelius und das Klarinettenkonzert von Bernhard Hendrik Crusell (Solist: Robert Oberaigner). Leitung: Ekkehard Klemm. Am 3., 4. und 6. März (Marienkirche Pirna, Stadthalle »stern« Riesa, Landesbühnen Radebeul), weitere Informationen unter: elbland-philharmonie-sachsen.de