Willkommen? Abschied? – Kammermusik mit Herzblut

Reihe Meisterwerke – Meisterinterpreten geht weiter

Liest man den Titel »Willkommen und Abschied« über einem Programm, denkt man unwillkürlich an Lyrik oder Musik (oder beides), an Johann Wolfgang von Goethe oder Franz Schubert. (Und letzterer hat die Verse des Dichterfürsten nicht nur kongenial, sondern vollendet in Musik gefaßt. Wer bliebe von den Zeilen »In deinen Küssen, welche Wonne! | In deinem Auge, welcher Schmerz!«, unberührt? Ob mit Andre Schuen und Daniel Heide oder in einer umwerfenden Liveaufnahme mit Hermann Prey und Oleg Maisenberg – Goethe wäre ohne Schubert heute sicher nicht vergessen, hat aber dessen Größe eindeutig verkannt!) Beim jährlichen Saisonausklang der Meisterwerke – Meisterinterpreten in der Pillnitzer Weinbergkirche ging es jedoch weder um Goethe noch um Schubert, sondern um Mozart, Weber und Brahms. Und um eine Staffelstabübergabe.

Denn nach mehr als 45 Jahren und über 400 Konzerten übertrug Andreas Priebst die Organisation in dieser Spielzeit in jüngere Hände: Eva Dollfuß, Stellvertretende Konzertmeisterin der Dresdner Philharmonie, und Matthias Wilde, Violoncellist der Sächsischen Staatskapelle Dresden, werden die Geschicke in den kommenden Jahren leiten.

Und heute schon kann man sagen (und die Reihe beglückwünschen), daß der Übergang gelungen ist. Denn die eben beendete, gemeinsam gestaltete Spielzeit war eine in mehrfacher Hinsicht schwierige. Nicht nur die Einschränkungen der Pandemie mußte die Reihe verkraften, auch der Ballsaal des Hotels Königshof, in den letzten Jahren ein schöner Aufführungsort, steht nicht mehr zur Verfügung. Der Gemeindesaal der Christuskirche Strehlen war jedoch früher bereits die Heimat der Meisterwerke, zudem ist die Zahl der Anrechte, Musikfreunde und Unterstützer (nicht zuletzt mit Spenden) unvermindert hoch.

Im Neuanfang bzw. der Staffelstabübergabe steckt also ein gutes Stückchen Kontinuität. Und so wirkte Andreas Priebst gestern – wenig verwunderlich – erneut als Cellist mit. Wie in etwa 120 Konzerten zuvor. Und wenn einmal ein zweites Cello gebraucht würde, stünde er auch künftig zur Verfügung, meinte Andreas Priebst zum Abschluß.

Die neuen Leiter müssen ihn aber nicht nur musikalisch ersetzen, auch die Moderationen, Werkeinführungen mit Hintergrundgeschichten, sollen erhalten bleiben. Matthias Wilde zeigte sich darin bereits versiert.

Den musikalischen Reigen des Nachmittags eröffnete das Adagio KV 580a von Wolfgang Amadé Mozart – das a weist schon darauf hin, daß die Werkeinordnung eine eigene Geschichte hat, daß es unterschiedliche Fassungen des Stücks gibt. Am Sonntagnachmittag erklang das Adagio in der Besetzung Klarinette (Christian Dollfuß), Violine (Yukiko Inose), Viola (Matan Gilitchensky) und Violoncello (Matthias Wilde). – Liest oder hört man Goethes »Willkommen und Abschied«, verbinden sich darin lyrische, gefühlvolle Passagen und leidenschaftliche Ausbrüche. Diese waren den Konzertstücken nicht minder gegeben!

Nicht nur Staffelstab- auch eine Blumenübergabe. Abschluß des Sommerkonzertes in der Pillnitzer Weinbergkirche gestern. Photo: NMB

Oder eine Balance zwischen funkelndem Feuerwerk und gesanglicher Sehnsucht, wie in Carl Maria von Webers Klarinettenquintett, für das Eva Dollfuß (Violine) zum Ensemble hinzukam. Während das Quintett das Eröffnungsallegro blitzen ließ, blieben die Mittelsätze geschmeidig, vor allem in der Kantabilität der Fantasia. Adagio. Mit dem abschließenden Rondeau. Allegro giocoso (fröhlich, ausgelassen!) wiederholte sich der Funkenflug des Beginns.

Natürlich konnte es noch leidenschaftlicher, schwärmerischer werden. Dafür steht Johannes Brahms‘ Name wie kaum ein zweiter (am Abend im Radio hörte der Rezensent eine [historische] Meinung über den »kühlen, spröden« Brahms – unglaublich!). Sein Streichsextett Opus 18 erklang übrigens zuletzt 1983 bei den Meisterwerken (damals bereits im Gemeindesaal, die Weinbergkirche kam erst später als Aufführungsort hinzu) – was für ein schöner Abschluß, der bisherige und neue Konzertleitung vereinte!

4. Juli 2022, Wolfram Quellmalz

Die kommende Spielzeit ist bereits geplant. Im Oktober steht das erste Konzert nach der Sommerpause auf dem Programm, »al mio caro amico« (an einen lieben Freund) heißt es am 9. Oktober im Gemeindesaal der Christuskirche Strehlen. Das Collenbusch Quartett spielt Werke von Wolfgang Amadé Mozart, Lera Auerbach und Peter Tschaikowski. Den Abschluß gibt es in einem Jahr wie gewohnt in der Weinbergkirche Pillnitz. Das gesamte Programm liegt bereits an den bekannten Informationsständen aus und ist demnächst auch hier zu finden: http://www.meisterwerke-meisterinterpreten.de/

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