Brüder im Geiste?

Sächsisches Vocalensemble huldigt Robert Schumann und E. T. A. Hoffmann

In der mittlerweile 13. Robert-Schumann-Ehrung setzten Matthias Jung (Leitung) und das Sächsische Vocalensemble ihre Werkerarbeitung fort und fügten gleichzeitig eine neue – passende – Facette in den Rahmen: Anläßlich des 200. Todestages von E. T. A. Hoffmann stand auch ein Werk von ihm auf dem Programm. Die Nähe zu Schumann ist dabei – trotz gut 34 Jahren Altersunterschiedes – gegeben. Neben verschiedenen beruflichen Parallelen, wie der Tätigkeiten als Rezensenten, Schriftsteller und Komponisten, war Hoffmann für den stets aufgeschlossenen Schumann ein wichtiger Impulsgeber und inspirierte ihn zu einer Reihe von Werken.

Die Gegenüberstellung von Hoffmanns Miserere b-Moll und Schumanns Requiem Des-Dur am Sonnabend in der Dresdner Annenkirche förderte neben Gemeinsamkeiten manche Überraschung zutage. So scheinen schlichte Passagen bei Hoffmann nicht nur bereits zutiefst romantisch, sondern geradezu auf Brahms vorauszuweisen, dabei ist sein Werk bereits 1809 entstanden! Robert Schumann war Brahms nicht nur im Geburtsjahrgang näher, sondern zuweilen auch in sinfonischen Auffassungen.

Um solche Höreindrücke noch zu vertiefen, hatte Matthias Jung als Instrumentalpartner die camerata lipsiensis ausgewählt. Manche Musiker darunter kennt man noch aus anderen Originalklangensembles, hier indes ging es nicht um sogenannte Alte Musik, sondern um solche aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sich diese mit Originalinstrumenten zu erschließen, war gerade in diesen beiden Fällen reizvoll, wofür die camerata lipsiensis einen zutiefst romantischen, weichen, geschmeidigen Instrumentalklang darboten. Das überraschte mehrfach, denn Trompeten und Posaunen wurden sehr dosiert und wohlgesetzt eingebracht, auch die Flöten klangen sozusagen zurückhaltend, während vor allem Oboe und Fagott sowie immer wieder die Klarinetten den Holzbläserklang charakteristisch färbten.

Daß E. T. A. Hoffmanns Bußpsalmvertonung, das Miserere, vergleichsweise schlicht angelegt ist, stimmt insofern, daß es auf Expressivität, Effekte und ausgestellte Soli fast verzichtet. Mit Ausnahme des Schlußsatzes stehen die einzelnen Teile in gemäßigten, eher langsamen Tempi, vordergründig werden Stimmungen, Färbungen. Und gerade hier erreichten das Vocalensemble und camerata lipsiensis eine großartige, fast suggestive Wirkung. Das Solistenquartett (Johanna Knauth / Sopran, Henriette Gödde / Alt, Martin Lattke / Tenor und Tobias Berndt / Baß) wurde in einzelnen Sätzen von Lia Sophia Gets-Bermann (sonst Chorsopran) verstärkt. Zwei Soli als Ausnahmen sorgten dabei für Tiefenwirkung: Johanna Knauth mit einem bei weitem Stimmumfang sicher getragenen »Sacrificium Deo spiritus« (Ein Opfer für Gott) sowie ein großartig agierender Tobias Berndt. Bei seinem »Docebo iniquos vias tuas« (Ich werde die Unebenen deine Wege lehren) kam zudem das Wechselspiel zwischen Solo und Orchesterantwort zur Geltung. Trotz romantisch-weichem Gestus‘ verlieh Matthias Jung dem Werk die notwendigen Konturen, was zu einer außerordentlichen Spannung beitrug.

Diese war ebenso in Robert Schumanns Requiem gegeben, auch wenn manche Sätze, wie der Te decet hymnus und das Domine Jesu Christe (jeweils Tutti Chor / Orchester) etwas gleißend überzeichnet schienen. Dabei zeigte sich immer wieder die geniale Raffinesse des Komponisten bzw. die punktgenau gesetzten Mittel, wie fugierte Choreinsätze oder der dynamische Verlauf im Requiem-Teil, der auf dem Wort »Lux« (Licht) gipfelte und danach wieder abklang. Ebenso klang, in aller Stille quasi, das Benedictus aus.

10. Juli 2022, Wolfram Quellmalz

Am Donnerstag, 14. Juli, folgt im Rahmen der Robert-Schumann-Ehrung eine Musikalische Lesung auf Schloß Maxen. Thomas Synofzik (Klavier) und Katrin Reyersbach (Lesung) präsentieren Schumanns »Kreisleriana« sowie Auszüge aus »Lebens-Ansichten des Katers Murr«,

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