Erwartung und Ankunft

Adventsvesper der Dresdner Kreuzkirche zum zweiten Advent

Die Capella Sanctae Crucis Dresden um Kreuzorganist Holger Gehring gestaltete gestern die Vesper vor dem Sonntag des zweiten Advent. In der Zeit der »Ankunft« stand dabei der Choral »Nun komme, der Heiden Heiland« im Mittelpunkt. Auf Johann Sebastian Bachs Choralbearbeitung für Orgel (BWV 661) folgte die Kantate für Soli und Orchester (BWV 61). Heidi Maria Taubert (Sopran), Elisabeth Holmer (Alt), Jonas Finger (Tenor) und Clemens Heidrich (Baß) übernahmen die Solistenrollen und kamen als Quartett gleich zu Beginn auf das Thema »Nun komm …« zurück. Bach hatte in seinen Kantaten Texte stets effektvoll unterstrichen, wie in diesem Fall das Anklopfen im Baß-Rezitativ, von Clemens Heidrich wunderbar dargestellt. Daß solches auch Bachs Zeitgenossen Georg Friedrich Händel und Georg Philipp Telemann meisterlich vermochten, stellten im Verlauf noch die folgenden Stücke gegenüber.

Photo: Kreuzkirche Dresden

So trug Jonas Finger das Accompagnato (»Tröstet, tröstet mein Volk«) und die Arie (»Alle Tale mache hoch«) vom Beginn des »Messias« (HWV 56) vor – wieder einmal gelang ihm eine ungemein einfühlsame, berührende Interpretation! Der knappe Werkausschnitt wurde so ins adventliche Licht gesetzt bzw. in den Ablauf der Vesper gebunden, statt daß das Fehlen der übrigen Messias-Teile gestört hätte.

Superintendent Christian Behr, kehrte zum Choralthema zurück bzw. zur Bedeutung der Worte darin, freilich nicht ohne festzustellen, wie unterschiedlich doch die Musik im Advent sein könne (auf dem Weg zur Kreuzkirche war ihm eben noch draußen Deep Purples »Smoke on the water« entgegengeschallt).

Georg Philipp Telemann hatte zum zweiten Advent ebenfalls eine Kantate geschrieben – »Der jüngste Tag wird bald sein Ziel erreichen« (TWV 1:301). Ganz anders zwar als im Choral steht hier nicht die Freude über die bevorstehende Ankunft im Mittelpunkt, sondern wendet sich der Text dem Gericht Gottes zu, gleichwohl ist das Werk nicht weniger effektvoll als eine Kantate Johann Sebastian Bachs – Telemanns Erfindungsreichtum gilt es nach wie vor noch zu entdecken! Daß der Advent ursprünglich noch keine Fest-, sondern eine Fastenzeit war, darauf hatte Christian Behr in seinem Geistlichen Wort ebenso hingewiesen wie darauf, daß man (daß wir heute) manches richtende Wort vielleicht weniger scharf formulieren und lieber Türen öffnen könnte; Einladungen aussprechen, als Abgrenzungen festzulegen.

Telemanns Kantate also darf sich durchaus mit denen Bachs »messen«. Schon im Accompagnato des Beginns zeichneten Heidi Maria Taubert und die Celli von Juliane Gilbert und Alma Stolte das »drum tobt der arge Feind« aus, später im Coro schlugen die »Feuerflammen« musikalisch empor.

4. Dezember 2022, Wolfram Quellmalz

In der kommenden Woche gibt es keine Adventsvesper. Dafür erklingen am Freitag, Sonnabend und Sonntag die Kantaten 1 bis 3 aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium (BWV 248) mit dem Kreuzchor und Musikern der Dresdner Philharmonie (Leitung: Kreuzkantor Martin Lehmann). Solisten: Hanna Herfurtner (Sopran), Henriette Gödde (Alt), Robin Tritschler (Tenor), Tobias Berndt (Baß)

http://www.kreuzkirche-dresden.de

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