Sächsische Renaissanceweihnacht

Sonntagsmusik in der Dresdner Frauenkirche mit musikalischem Höhepunkt

Kann man den Advent oder Weihnachten eigentlich noch steigern? Das Fest an sich, seine Bedeutung natürlich nicht, aber gerade auf dem Weg dahin gibt es viele »Steinchen«, welche die Zeit mehr als Ausschmücken und uns mehr als nur »in Stimmung« versetzen. Zur Adventszeit gehören zahlreiche Lieder, die schlicht Lieblingsmusik sind. Viele davon sind sehr alt, über Jahrhunderte überliefert. Ein Name taucht dabei immer wieder auf: Michael Praetorius – weil uns viele der Stücke durch ihn oder in seinem Satz vertraut sind. Im vergangenen Jahr hatte der Komponist gleich zwei Jahrestage: den 450. Geburts- sowie den 400. Todestag. In der Sonntagsmusik gestern schloß Frauenkirchenkantor Matthias Grünert das am Haus gefeierte Praetorius-Schütz-Jubiläumsjahr ab.

Kammerchor der Frauenkirche, Photo: Frauenkirche Dresden, © Tobias Ritz

Natürlich gab es auch Musik von Heinrich Schütz zu hören, doch für den Auftakt sorgte zunächst Andreas Hammerschmidts Motette »Machet die Tore weit«. Der Kammerchor der Frauenkirche wurde diesmal von der Instrumenta Musica begleitet, Experten für Alte Musik, die mit Zinken, Barockposaunen und Violonen umzugehen wissen. Die Kombination von Singstimmen und Bläsern war – gerade in diesen weihnachtlichen Stücken – ungemein einehmend, betörend! Der Kammerchor konnte dabei mit Ausgewogenheit und Gestaltungskraft überzeugen. Instrumenta Musica boten sechs Tänze von Michael Praetorius – in der Tat kein Widerspruch, denn solche Festmusik gehörte früher auch schon in der Kirche durchaus dazu, wenn gefeiert wurde. Uta Schmidt ließ wechselweise den Sopranino blitzen und die Geschmeidigkeit bzw. Süße der Blockflöte gesanglich hervortreten.

Wenn »Sächsische Renaissanceweihnacht« auf dem Titel steht, sind manche Namen eigentlich zu erwarten – die Auswahl und Werkfülle ist schlicht atemberaubend reich! Matthias Grünert enttäuschte das Publikum nicht, Hans Leo Hasslers »Verbum caro factum est« gehörte ebenso zum Programm wie Johann Eccards a cappella präsentiertes »Übers Gebirg Maria ging«. Immer wieder ging es zu Michael Praetorius zurück, wie dem instrumentalen »Bransle des villages«, das hier mustergültig traditionell erklang.

So konkret und andächtig wie die Musik, die wirklich zu Herzen ging, hätte man sich auch das Geistliche Wort gewünscht. Markus Engelhardts imaginierte Worte Marias an die Gemeinde jedoch konnte gerade eines nicht – berühren.

Andere Worte dagegen »treffen«, berühren uns immer wieder, selbst wenn wir sie bereits genau kennen, im Voraus jeden Vers sagen können. »Nun komm der Heiden Heiland« gehört sicher dazu, im Satz von Michael Praetorius gesungen wie gleich darauf »Der Morgenstern ist aufgedrungen« (wiederum a cappella). Dem Kammerchor der Frauenkirche gelang hier eine Symbiose von Andacht und Festlichkeit – musikalisch kaum schöner zu denken an einem Adventssonntagnachmittag, während sich draußen die Dämmerung niedersenkte!

Natürlich durfte Heinrich Schütz nicht fehlen – »Ein Kind ist und geboren« (SWV 384) erinnerte an den anderen großen Jubilar. Wer mochte, durfte nachsinnen und spüren, welches nun das schönste Weihnachtslied sei – »Übers Gebirg Maria ging« gehörte wohl dazu, »Es ist ein Ros entsprungen« sicher gleichermaßen. Michael Praetorius blieb natürlich das musikalische Schlußwort vorbehalten – »Mein Seel erhebet den Herrn«, einer Motette aus den Musae Sioniae brachte die Zuhörer noch einmal kontemplativ zusammen, schloß mit Glaubensbekenntnis und »Amen« – irgendwie hätte es gerne noch ein wenig länger dauern dürfen.

19. Dezember 2022, Wolfram Quellmalz

Die Dresdner Frauenkirche bietet auch zu Weihnachten besondere Höhepunkte. Am 1. Weihnachtstag spielt Mari Fukumoto an der Kern-Orgel ein Konzert mit Werken von Johann Sebastian Bach, Heinrich Scheidemann, Louis-Claude Daquin und Max Reger (Beginn: 21:00 Uhr), am 2. Weihnachtstag erklingt traditionell das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns (Sonntagsmusik, Beginn 16:00 Uhr). Einen Tag später gibt es – auch das eine Tradition – die Dresdner Bläserweihnacht (20:00 Uhr). Es wird die letzte mit Ludwig Güttler sein, der sich damit (zumindest als aktiver Musiker) von seinem Publikum verabschiedet.

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