Lebhafte Chorgestaltung

Bachs Johannespassion an der Martin-Luther-Kirche Dresden

Der Dresdner Bachchor des Kirchspiels Dresden-Neustadt gehört als großer Oratorienchor zu den lebendigsten in der Stadt und hat regelmäßig Auftritte in der Advents- und Weihnachts- sowie der Passionszeit. Kantorin Elke Voigt kann neben Solisten gegebenenfalls weitere Choristen aus den Kantoreien einfügen, so daß abendfüllende Werke mit eigenen Ensembles und Partnern aufgeführt werden können. Am Karfreitag stand Johann Sebastian Bachs Johannespassion (BWV 245) auf dem Programm. Mit der Sinfonietta Dresden als Orchester wurde dabei eine bewährte Partnerschaft fortgesetzt.

Der Evangelist Johannes, Gemälde (um 1625) von Bernardo Strozzi, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Bildquelle: Wikimedia commons

Die Passionszeit sowie die Ostertage erlaubten wieder viele Vergleiche, nicht zuletzt der Werke und Fassungen untereinander, etwa wenn jemand am Vortag die Matthäuspassion des Kreuzchores besucht hatte, einen Tag später konnte man die Worte Johannes‘ im Musikgewand Heinrich Schütz‘ erleben (Bericht in Kürze). Der Evangelist Johannes berichtet in manchem etwas knapper oder kürzer, ohne wesentliche Teile wegzulassen. Johann Sebastian Bach hat dafür ein »Kleid« gefunden, daß weniger effektvoll ist als jenes der Matthäuspassion, in manchem sogar eingängiger, während bei Matthäus die dramaturgische Überhöhung auch musikalisch beeindruckend herausgestellt wird. Nicht zuletzt hat Bach zwar im BWV 245 einen Evangelisten einsetzt, dessen Erzählung er aber oft flüssig mit den Rezitativen von Jesus oder Pilatus zusammenfaßt.

Die Aufführung am Karfreitag in der Martin-Luther-Kirche geriet insgesamt sehr lebendig und kurzweilig, dennoch unterschieden sich die beiden Teile der Passion nicht nur in der Struktur teilweise erheblich, sondern auch in der Ausführung. Anfangs überraschte, daß die Sinfonietta – ganz ungewohnt – schlicht mit der Intonation kämpfte. Und wie groß die Anforderungen an den Chor sind, der sich eben aus Laien zusammensetzt, war gerade in den langsamen Chorälen zu spüren, deren Intonation es ebenfalls noch an Reinheit mangelte. Die Einsätze der Stimmen gelangen noch nicht exakt, so daß gerade Bässe und Soprane zunächst einzeln zu hören waren.

Chor und Orchester konnten sich aber steigern, und vor allem der zweite Teil geriet eindrucksvoll in seiner Gesamtheit sowie in der dramaturgischen Gestaltung, nicht zuletzt der Chöre. Gerade jene Passagen, in denen eine große Aufgeregtheit herrscht (»Nicht diesen, sondern Barnabam!«, »Wir haben ein Gesetz«) gelangen vortrefflich und sorgten für affektvolle Beschleunigung. Oft gerade deshalb, weil sich Chor und Orchester in den Fugen großartig ergänzten.

Den guten Eindruck konnten die Solisten (Teresa Suschke / Sopran, Marlen Herzog / Alt, Oliver Kaden / Tenor, Johannes Wollrab / Baß / Arien und Friedemann Klos / Baß / Christus) abrunden. Mehr als überzeugend gelang der gestalterisch geratene und ausgezeichnet verständliche Evangelist von Oliver Kaden. Auch die Besetzung der beiden Bässe erwies sich als rollengerecht und sinnvoll: Johannes Wollrab übernahm – sehr kernig – zum Beispiel die Partien Pilatus‘, Friedemann Kloss‘ nuancierte Christus milder und sanfter, was seine herausgehobene Position noch unterstrich. Mit dem Schlußchor fand nicht nur eine emotional stimmige Aufführung ihr Ende, er kündete (termingerecht) gleichzeitig vom Beginn des Osterfestes.

8. April 2023, Wolfram Quellmalz

Wer beim Bachchor mitsingen möchte oder weitere Konzerttermine sucht, findet beides hier:

kirchspiel-dresden-neustadt.de

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