Dresdner Hofmusik in der Loschwitzer Kirche
Zweimal gedachte das Dresdner Barockorchester am Sonnabend in der Loschwitzer Kirche zum 275. Todestag (im Dezember) Jan Dismas Zelenkas. Obwohl ihm der große Titel eines Hofkapellmeisters verwehrt blieb (Zelenka brachte es »nur« zum Hofkomponisten und Kirchen-Compositeur des Sächsischen Hofes), gilt er heute als einer der wichtigsten Vertreter seiner Zunft, und zwar europa-, also weltweit. Zwar mag es zutreffen, daß ihm der Zugang zu einem höheren Amt in Dresden nicht möglich war, weil es dort so viele hochwertige Musiker gab, ihm beispielsweise der jüngere Johann Adolf Hasse vorgezogen wurde, doch hier auf »Widersacher« zu schließen, ginge fehl. Zelenka war gut vernetzt, gerade mit den führenden Musikern in seiner Umgebung.
Aber auch mit Johann Joseph Fux. Ihn hatte Zelenka zwecks einiger Studien in Wien besucht. Und da Zelenka vor allem groß besetzte Werke hinterlassen hatte, es also wenige »kleine« Stücke gibt, standen von ihm nur zwei im Programm, welche die musikalische Stunde einfaßten. Dazwischen waren drei Sonata à 3 von Fux, Hasse sowie des Sächsischen Kapellmeisters Johann David Heinichen zu hören.
Johann Joseph Fux hatte seine Sonate für zwei Violinen und Basso continuo gesetzt, deren Schönheit Margret Baumgartl (Leitung) und Karina Müller im wahrsten Sinne des Wortes herausstrichen. Gerade die langsamen Sätze Adagio und Largo bekamen so Farbe und Gewicht, während die jeweils nachfolgenden Allegro und Presto zwar virtuoser anmuteten, aber – im Gegensatz zu vielen Aufführungen sonst – die anderen nicht zu überbieten suchten. Vielmehr konnte man wunderbar verfolgen, wie sich Motive von erster und zweiter Violine (oder umgekehrt) verflochten.
Johann David Heinichen, Zelenkas Chef und selbst ein Violinvirtuose, hatte seine Sonate für zwei Oboen geschrieben (wiewohl man die Stimmen dieser Instrumente oft zu tauschen bzw. anzupassen gewohnt war). Martin Stadler und Guido Titze hatten neben dem Cembalo (Michaela Hasselt) einmal kein Violoncello, sondern ein Fagott (Eva-Maria Horn) im Basso continuo, womit sich manchmal sogar ein Trio ergab. Es beeindruckte vor allem mit einer eleganten Tonfärbung, während die darauffolgende Sonate Johann Adolf Hasses mit der Süße der Flöten betörte. Johanna Baumgärtel und Anne-Katrin Ludwig konnten ebenso mit Vogelstimmen bezaubern, wie sie – als wären sie leicht gedämpft – einen leicht rauchigen, charmanten Ton hervorbrachten. Gerade das Gegenüber dieser Vielfalt (der drei Sonaten) war von größtem Reiz.
Natürlich genügt in Dresden schon der Name Zelenka, um zweimal Publikum in die Loschwitzer Kirche zu locken. Mit einem Concerto à 8 und einer Hypochondrie (bzw. »Hipocondrie«,!), wie die übrigen Werke übrigens aus dem Bestand des berühmten »Schranck No. II«, die allerdings – einer Hauptperson entsprechend, von einem »Jubilar« kann man ja in diesem Fall nicht reden – mit dem nun größeren Ensemble auch deutlich prachtvoller ausfiel als die Sonaten. Mit (vielleicht etwas) deutlich gesetzten Pausen zwischen den Teilen bzw. vor Wiederholungen führte das dem Namen nach merkwürdige, sonst aber mit größtem Reiz ausgestattete Stück durch Zelenkas instrumentale Welt und gab, mit besinnlichen Intro- und Extroteilen, einen passenden Rahmen zur Vesperstunde.
13. September 2020, Wolfram Quellmalz
Das Dresdner Barockorchester ist am 8. November wieder in der Loschwitzer Kirche zu Gast. Um 17:00 Uhr erklingen dann Werke von Johann Friedrich Agricola, Johann Sebastian Bach, Johann Georg Pisendel, Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Joachim Quantz. Der Dresdner Hofmusik e. V. beteiligt sich zuvor bereits am Heinrich Schütz Musikfest (2. bis 11. Oktober), unter anderem mit einem Konzert am 10. Oktober in der Dreikönigskirche. Neben Musik von Heinrich Schütz, Johann Hermann Schein und Carlo Gesualdo wird es dann die Uraufführung eines Werkes von Annette Schlünz geben.
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