Im vollen Orgelklang

Kreuzvesper vor Trinitatis

Domorganist Thorsten Göbel (Meißen) hatte seine Musik für die Vesper in der Dresdner Kreuzkirche dem Anlaß des Trinitatisfestes entsprechend zusammengestellt und unter anderem Johann Sebastian Bachs »Komm, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist« (BWV 631) erklingen und darüber hinaus die Fantasia super zum Kirchenlied (BWV 651) folgen lassen. Nicht nur in Bachs architektonischer Meisterwerken erwies er sichals virtuoser wie gestalterischer Spieler, selbst im Gemeindegesang (»Gelobet sei der Herr«, EGB 139) lief er in der dritten Strophe zu großer (und manchen vielleicht fordernden) Form auf – an Vielfarbigkeit schätzt der Domorganist offenbar die Intensität ebenso wie die feinen (Klang-)Partikel.

Trinitatis, das Fest der Dreieinigkeit nach Pfingsten, ist vielleicht das am wenigsten oder am schwierigsten faßbare im Kirchenkalender, dabei zählen wir (je nach Ostertermin) ihm in 22 bis 27 Sonntagen nach Trinitatis recht lang nach (zum Vergleich: nach Ostern nur sechs). Dennoch gebe es zum Trinitatisfest nur drei Lieder im Evangelischen Gesangbuch (Pfingsten: vierzehn), hatte Superintendent Christian Behr festgestellt, der sich zuvor Gedanken über das Schreiben und darüber, wie Geschriebenes »ankommt«, gemacht hatte. Denn das Schreiben ginge heute via elektronischer Wege sehr schnell, verliere dabei aber an persönlichem Charakter, ganz abgesehen davon, daß sich unversehens bzw. versehentlich auch unerwünschte oder falsche Nachrichten in Windeseile verbreiten.

Eine persönliche Note für die Adressaten war Thorsten Göbel in dieser Vesper durchaus gelungen. Begonnen hatte er mit einer höchst interessanten Paarung: auf Toccata, Adagio und Fuge von Johann Sebastian Bach (BWV 564) folgte die Sonate D-Dur (Wq 70 / 5) von Sohn Carl Philipp Emanuel. Die Toccata begeisterte erneut mit ihrer hellen Lebendigkeit, die sprudelndem Wasser glich. Der hinzutretende Baß schien diesem Leben Sicherheit und Halt zu geben. Im Adagio könnte man – ähnlich wie in manchen Klaviersonaten Mozarts – ein intimes Zwiegespräch voll verhaltener Schönheit finden. Carl Philipp Emanuels Sonate scheint da im Vergleich viel verspielter, beweglicher, auch freier, vorwärtsstrebend.

Mit einem weiteren effektvollen Stück entließ der Meißner Domkantor die Gemeinde in den Sonnabendabend. Jeanne Demessieux war eine bedeutende französische Organistin, Komponistin und Lehrerin, unter anderem Titularorganistin an St. Madeleine (Paris), die ein beeindruckendes Repertoire beherrscht hatte. Von ihrem Wirken als Komponistin zeugt das Te Deum, ein Stück von großer, beinahe überwältigender Ausdruckskraft und großer musikalischer Sprachgewandtheit.

30. Mai 2021, Wolfram Quellmalz

Die Kreuzvesper der kommenden Woche gestalten Heidi Maria Taubert (Sopran), die Capella Sanctae Crucis Dresden und Kreuzorganist Holger Gehring (Orgel und Leitung). Auf dem Programm stehen Kantaten von Georg Philipp Telemann. Weitere Informationen unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de

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