Kreuzkirche Dresden feiert 1. Advent
Fast ein wenig ungläubig staunt man in diesen Advent hinein – die Lichter leuchten nicht verlassen und allein, sondern können bejubelt werden. Weihnachtsmärkte sind wieder offen, Kirchen und Konzerthäuser bieten ihre Programme an. Auch die Kreuzkirche Dresden offeriert in der Advents- und Weihnachtszeit viele Möglichkeiten der Andacht und der Musik. Oft gehört natürlich beides zusammen.

Photo: Magdalena Flügge
Am Wochenende gab es wieder eine Adventsvesper mit dem Kreuzchor mit Kreuzkantor Martin Lehmann. Eigentlich war für uns keine Zeit, die Vesper zu besuchen, da die NMB im Auftrag unterwegs gewesen sind [Bericht folgt in zwei Tagen], doch auf Nachfrage zeigte sich, daß der Gottesdienst am Sonntagmorgen allein keine Alternative war, denn das musikalische Programm dort, ebenfalls mit dem Dresdner Kreuzchor, entsprach nicht in allem dem der Vesper. Und auf Felix Mendelssohns Choralkantate »Vom Himmel hoch« wollten wir dann doch nicht verzichten. Also lieber eine halbe Vesper mit Mendelssohn als keine …
Anders als bei den bisherigen Kreuzchorvespern unter Martin Lehmans Leitung gab es zwar keinen Introitus von Wilfried Krätzschmar, doch mit Rudolf Mauersbergers Antiphon »Machet die Tore weit« wurde die neue Form des Ablaufs dennoch gewahrt. Beeindruckend ist, wie geschlossen der Chor selbst dann noch auftritt, wenn er in Stimmen oder Rollen geteilt wird. Das traf ebenso beim Adventslied »Maria durch ein Dornwald ging« zu, das diesmal im Satz von Günter Raphael erklang – Tradition und Moderne bzw. Überlieferung und Zeitgenössisches werden hier zum Selbstverständnis. In beiden Stücken war der Eindruck am Sonntagmorgen noch größer (oder tiefer), denn die Kruzianer singen dann jeweils von der Chorempore, wobei diesmal eine kleine Gruppe als Teilchor im Altarraum verblieb. Mit nur wenigen Stimmen (auch bei den jungen Kruzianern) konnte man spüren, wie (selbst)sicher die Knaben und Männer in ihrer Sache sind – ein Zeichen für den guten Zustand des Chores. Ein weiteres Indiz sind die Soli, die gleichermaßen sicher erklangen, ob von den Tenören Anton Matthes und Friedrich Schöne, mit welchen sich die neuerwachte Schützpflege fortsetzte (Kleines geistliches Konzert »O lieber Herre Gott«, SWV 287) oder als Sopransolo aus dem Chor bei Günter Raphael.
In der Musik, gerade in der liturgischen wie Kantaten, stehen Abwärtstonleitern häufig für einen Niedergang, für einen Sturz oder sonstiges Unbill, das einen zu Boden wirft. Doch es gibt auch ein anderes Abwärts – eines, das ungeheure Leuchtkraft besitzt! Am Beginn von Felix Mendelssohns »Vom Himmel hoch« beschreiben die hohen Streicher eine tremolierende Abwärtsfigur, die jedoch für den heiligen Geist, die Ankunft Jesu oder – wer so empfinden mag – einfach für den Weihnachtszauber des Sternenlichts steht, das sich von oben auf uns herabsenkt. Mit dem Philharmonischen Kammerorchester Dresden (Konzertmeister: Wolfgang Hentrich) wurde das weihnachtliche Funkeln erweckt, Jennifer Riedel (Sopran) und Andreas Scheibner (Baß) brachten es näher. Dabei zeigte Mendelssohns Kantate, daß Leuchten kein beliebiger Effekt ist, sondern etwas (Licht, Freude) in die Welt hinausträgt!
Wer den 1. Advent mit Musik abschließen wollte, hatte auch dazu Gelegenheit in der Kreuzkirche. Am frühen Abend spielte Kreuzorganist Holger Gehring an der großen Jehmlich-Orgel und zeigte wieder einmal, wie vielfältig diese klingen kann. Ebenso vielfältig waren die Werke, Pastoralen von Alexandre Guilmant und (dem in Konzertprogrammen oft einseitig besetzten) Darius Milhaud, aber auch Josef Rheinbergers vierte Orgelsonate näherte sich im Intermezzo dem pastoralen Charakter. In Jean Langlais Noël Breton fanden sich dagegen beinahe orientalische Farben – vielleicht haben die Seefahrer solche in die Bretagne gebracht?
28. November 2022, Wolfram Quellmalz
In den kommenden Tagen erklingt viel Musik in der Dresdner Kreuzkirche. Am Mittwoch findet der Dresdner Orgelzyklus hier seinen Abschluß, wobei neben der Orgel mit dem Handglockenchor Gotha ein zusätzlicher musikalischer Partner beim Weihnachtskonzert als Mitgestalter auftritt. Kommenden Sonntag dann spielt Anna-Victoria Baltrusch (Halle) das Orgelkonzert »Nun komm, der Heiden Heiland« zum zweiten Advent. Außerdem gibt es seit heute wieder die Striezelmarktmusik (Montag bis Freitag, jeweils 17:00 Uhr bis einschließlich 9. Dezember). Alle Termine unter: