Orgelsommer geht weiter
Im Sommer gibt es statt der sonnabendlichen Vespern in der Kreuzkirche den Orgelsommer. Am vergangenen Wochenende war die gebürtige Dresdnerin Franziska Riccabona (heute Linz) zu Gast. Ihr Programm glich einer Wanderung durch die Welt der Orgelmusik. Während Matthias Weckmanns Praeambulum Primi toni a 5 in d von einer Erhabenheit geprägt war, wie sie nur die Königin der Instrumente (und das Instrument des Jahres 2021) hervorbringen kann, konnte Dieterich Buxtehudes Präludium »Komm, Heiliger Geist, Herre Gott« (BuxWV 200) die innere Stimme des Chorals nicht leugnen. Diese Leuchtkraft sollte sich später noch deutlich steigern.
Doch zunächst erklomm Franziska Riccabona mit Johann Sebastian Bachs Toccata, Adagio und Fuge in C (BWV 564) quasi die Stufenleiter nach oben. Strukturell strebte die Toccata aufwärts, nach dem kontemplativen Adagio entwickelte die Fuge ein ergreifendes, aber in ihren Stimmen, den Bestandteilen, wenn man so will, klares Strahlen.
Im Gegensatz dazu schienen Jehan Alains Variations sur un thème de Clément Jannequin geradezu innig, nicht nur verhalten, sondern fragend. Ob nun als Antwort oder Schlußpunkt – Nr. 3 aus »Trois chorals pour grand orgue« von César Franck zeigte den Komponisten auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Ganz anders als bei Bach oder Buxtehude löst Franck die Musik von einem konkreten (zu singenden) Choraltext und entwickelt eine lichtvolle, farbenfrohe Gestalt, die dennoch spirituell bleibt und eine zutiefst religiöse Dimension aufweist. Vor allem im weiteren Verlauf gewann der erzählerische Gehalt des Werkes.
Franziska Riccabona verband mit ihrem Programm den konzertanten und den religiösen Gestus – eine Einladung zur Andacht oder einfach dazu, Orgelmusik zu genießen.
8. August 2021, Wolfram Quellmalz
Am kommenden Sonnabend ist der Göttinger Organist Stefan Kordes zu Gast beim Orgelsommer (15:00 Uhr, Kreuzkirche Dresden). Weitere Informationen unter: http://www.kreuzkirche-dresden.de/