Dresdner Kammerchor zu Gast im Kulturpalast
Auf Einladung der Dresdner Philharmonie gestaltete der Dresdner Kammerchor die Ostertage im Kulturpalast. Nach einem a-cappella-Spätkonzert (»Late Night« um 22:00 Uhr) am Sonnabend gab es Ostersonntag und -montag ein Konzert mit Beteiligung des Orchesters. Hans-Christoph Rademann hatte dafür die Reihenfolge des Programms noch einmal geändert und Heinrich Schütz‘ Motette »Ich bin die Auferstehung und das Leben« (SWV 464) an den Beginn gesetzt – passend nicht nur für jene, welche sie in der Late Night Schütz‘ Matthäuspassion (SWV 479) gehört hatten, sondern auch im Kontext der Passionsgeschichte sowie musikdramaturgisch stimmig, denn mit den in der neuen Reihung nachfolgenden Werken (Johann Sebastian Bach: Oster-Oratorium / BWV 249, Georg Friedrich Händel: Erlösungsteil aus »Messiah« / HWV 56) wurde das Osterwunder und die fortlaufende Geschichte untermalt.
Der Klang des Dresdner Kammerchores nahm gleich zu Beginn gefangen, als er – nun noch einmal a cappella – Schütz‘ Zweichörigkeit mit atemberaubender Verständlichkeit darstellte. Ganz nebenbei wurde die mit dem Auferstehungsgedanken verbundene Kernsentenz »der wird leben« deutlich.
Die nachfolgenden Stücke hätten im größeren Nachhall einer Kirche wohl noch affektiver wirken können: Bachs Oster-Oratorium und Händels »Messiah« waren nicht zuletzt eine eindrucksvolle Gegenüberstellung, die unterschiedliche kompositorische Mittel wie Gemeinsamkeiten offenlegte. So erinnerten Bachs Sinfonia und sein Schlußchor mit Pauken und Trompeten durchaus an Händels Festlichkeit (prächtig: Andreas Jainz / Trompete), wobei Bach den Zuhörer überrascht, weil der Chor im dritten Satz (Wiederholung) der Sinfonia bereits einsetzt. Auch die Solisten konnten sich in beiden Werken unterschiedlich entfalten – während Bach Arien wie ein Duett aus Sing- und Instrumentalstimme gestaltet, erreicht Händel die Überhöhung durch Konzentration auf den Solisten – was gleichzeitig die Bedeutung des Basso continuo hervorhebt. Die »Begleitung« sorgt eben ganz wesentlich für Rhythmus, für Puls, bindet die Stimmen zusammen. Mit Orgel (Hans Christian Martin), Cembalo (Andreas Hecker) und Fagott gelang dies besonders ausgewogen und sängerfreundlich.
Unter den Solisten muß Altistin Marie Henriette Reinhold wieder einmal hervorgehoben werden, die Bachs Oratorium, das im Umfang einer Kantate entspricht, mit der Arie »Saget, saget mir geschwinde« zu einem vibrierenden Höhepunkt brachte, vergleichbar mit der Baßarie »Mache dich, mein Herze, rein« in der Matthäuspassion. Henryk Böhm (Baß), der kurzfristig für den erkrankten Matthias Winckhler eingesprungen war, füllte seine Rolle gleichermaßen souverän aus, Catalina Bertucci (Sopran) konnte sich nach dem Duett mit der Flöte bei Bach (»Seele, deine Spezereien«) im Messiah noch deutlich steigern und ihren Sopran – nun wirklich solo – mühelos glitzern lassen. Etwas enttäuschend blieb Tenor Matthew Swensen, der bei Bach deutlich kehlig klang und im Quartett abfiel, sich, bedingt durch die Muttersprache, im Messiah aber besser einfand.
Der Dresdner Kammerchor (Einstudierung: Tobias Mäthger) erreichte in drei Werken mit verschiedenen Aufstellungen eine fast schon überwältigende Wirkung – gerade, weil er nicht mit Kraft und Stärke beeindruckte, sondern in feinste Piani hinabschweben konnte (Messiah: »Since by man came death«, »Wie durch einen Tod«). Hans-Christoph Rademann lotste Chor, Orchester und Solisten sehr fordernd durch die Partitur – mit berückendem Resultat. Als Zugabe und mit den besten Wünschen zu Ostern konnte auf das doch stille »Amen« des Schlusses nur eines folgen: Händels »Hallelujah«!
19. April 2022, Wolfram Quellmalz
Das nächste Konzert mit dem Dresdner Kammerchor in unserer Region findet am 28. Mai im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele statt. »Brahms & die alten Meister« heißt es dann. Es erklingen Werke von Johannes Brahms, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Johann Sebastian Bach, Heinrich Schütz und Giovanni Gabrieli, (17:00 Uhr, Annenkirche Dresden). Weitere Informationen unter: